( / ) < z > - o X u U ) V ) < o O S T E R N 1 9 5 9 �F o t o g r a fi e - xiMl Richtig sehen kann man schon mit einer Kamera f ü r D M 1 9 . 5 0 Nehmen Sie unsere Beratung, Fotokurse und Hauszeitung In Anspruch! D a s S p e z i o i h a u s S a l z s t r a ß e 6 1 f ü r d e n F o t o a m a t e u r 4 3 6 5 8 / 5 9 T e l e f o n CARL FLORA • MÜNSTER (WESTF.) N A T Ü R S T E I N I N D Ü S T R I E M A R M O R - U N D M A R M O R G R A N I T S A N D S T E I N M , 1 9 0 0 — 1 9 5 0 HERMANN BQRCHARD H O C H - U N D T I E F B A U S T A H L B E T O N - H O L Z B A U MÜNSTER (WESTF.) L A Z A R E T T S T R A S S E 2 3 R U F 4 0 2 9 3 �Das Schlaun-Gymnasium Scluilzeitung für die Schüler, Lehrer, Eitern, Ehemaligen und Freunde des Schlaun-Gymnasiums zu Münster (Westf.) N r . 1 7 O s t e r n 1 9 5 9 P r e i s ; 0 , 8 0 ( f ü r S c h ü l e r 0 , 5 0 ) D M Ferienordnung 1959/60 F e r i e n O s t e r n Pfingsten S o m i m e r H e r b s t W e i h n a c h t e n E r s t e r F e r i e n t a g Letzter Ferientag Donnerstag, 26. 3. 1959 Saimstag, 16. 5. 1959 Mittwoch, 1. 7. 1959 Samstag, 17. 10. 1959 Mittwoch, 23. 12. 1959 Mittwoch, 8. 4. 1959 Dienstog, 19. 5. 1959 Dienstag, 11. 8. 195? Montag, 26. 10. 1959 Donnerstag, 6. 1. 1960 D I E N Ä C H S T E N U M M E R unserer Schulzeitung erscheint Ende Juni. R e d a k t i o n s s c h l u ß : 5 . J u n i . Den Linolschnitt auf der Titelseite fertigte Ludwig Niesert (Oils) �Brief an meinen Neffen Peter, der,, das Klassenziel nicht erreicht" hat P e i e r ! e b e r L i Ehrlich gesagt; im stillen holte ich längst diomit gerechnet. Und nun ist es so weit. Du bist also — sitzen geblieben. Was nun Ja, was nun? So hat sich Deine Tante auch einmal gefragt, als ihr zum erstenmal in ihrem Leben (es. waren liebe Gäste geladen) das Mittagessen angebrannt war. Später wußte sie, was sie zu tun hatte: sie mußte halt noch ein mal von vorn anfangen — einkaufen, abwiegen, zubereiten, würzen, abschmecken und kochen. Das wirst Du auch müssen. Am besten versuchst Du es miit „guter Miene" und Gel.assenheiit. Dann geht es am besten. Du meinst, .Deine Lehrer treffe vor allem die Schuld? Das kann ich nicht recht einsehen. Odier sie müßten heutzutage anders sein als zu meiner Zeit Da waren sie eher zu nachgiebig als unerbittlich. Was wir denn bald raus hatten und aus nützten. Aber — das war einmal. Zurück zu Dir, zu Deinem kleinen österlichen Weh. Soll ich Dir einige Mittelchen nennen, d.ie Dir von Nutzen sein könnten? Sie sind probat: 1.1 Du mußt nicht arbeiten wollen, wenn Da spielen darfst, und wenn Du arbeitest, mußt Du nicht spielen. Das hört sich einfach an, ist es aber nicht. Es ist i. G. recht schwer, immer ganz zu tun, was man tut. 2. Da Dir, wie ich vermute, alle Radio-Stationen der Welt und alle Automarken völlig vertraut sind, laß es dabei sein Bewenden haben und kümmere Dich nicht weiter drum! Du willst ja weder Ansager noch Taxifahrer werdea Aber ein a n d e r e s b e d e n k e : 3. Du wirst das Wunder des Frühlings ebensowenig aus der Welt schaffen, wie andere das fertig gebracht haben. lEs ist einfach da. Daran ist nichts zu machen. Also mußt Du es gar nicht erst versuchen, Rücke ihm vor allem nicht mit latei nischen Vokabeln zu Leibel Das. verträgt wohl der Früihling, da er unverwüst lich ist, aber nicht Dein Latein — und Du selber auch nicht. Laß den Frühling vielmehr Frühling sein und erfreue Dich an seinen immer neuen WundernI Da für sind sie da. Und erfreue Dich ebenfalls an dem — wenn auch ganz ande ren — Wunder der lateinischen Sprache! Auch sie ist zu Deiner Freude, nicht z u D e i n e m L e i d e d a . J e d e s i n s e i n e r A r t . 4. Mißerfolg kann Dein bester Lehrmeister sein, wenn Du ihn zu Deinem Lehr m e i s t e r m a c h s t . 5. Ja, und was noch, damit Du nächstes Jahr nicht noch einmal , . .? Lieber Peter, nur ein ausgemachter Dummkopf würde das fertig bringen.. Das laß Dir gesagt sein von Deiner Dich herzlich grüßenden T ante T r u d'e I 2 �Leserstimme Die meisten Schulen haben gar keine, mehrere Schulen haben eine schlechte, einige wenige Schulen haben eine gute Schülerzeitung. Das Schlaun-Gymnasium hat eine Schdzeitung. Mit zunächst verblüffenider Selbstverständlichkeit wird an- genomimen, daß zum Schulbereich neben Schülern und Lehrern auch die Eltern, die ■Ehemaligen sowie die Freunde der Schule gehoren. Für sie alle ist die Schulzeitung da. Meihr zui sein, beansprucht .sie nicht; ober ich würde sie auch mit Freude lesen, wenn ich nicht zum Schlaun-Gymnasium gehörte. Ich will gleich sagen, warum. Es fehlt hier die bei Schülerzeitungen sonst so beliebte ,Meckerecke'. Eine Schulzeitung;, zumal, wenn sie so vornehm aufgemacht ist wie unsere und diese Vornehmheit im Gehalt nicht vermissen läßt, hat eine solche Rubrik gar nicht nötig. Eine Tageszeitung kann über dieses und jenes schimpfen; eine Zeitung, die nur einmal im Vierteljahr erscheint, muß für ein Vier teljahr Stoff bieten, muß auf Qualität sehen, darf den kostbaren Raum nicht für Themen verschwenden; die nur 24 Stunden lang interessant sind. Ein zweites kommt hinzu. Mir ist das aufgegangen, als ich das Heft von Ostern 1958 las. Da sind Abschnitte aus den Lebensläufen von drei Oberprimanern abge druckt. Der Lebenslauf; das vielleicht ungeschminkteste Bild des Menschen, das auch dann noch wahr bleibt, wenn es sich mit einem wohl ausgesuchten Rahmen umgibt, ist charakteristisch für diese Zeitung, Er kann in verschiedenen formen auftreten: als Erlebnisaufsatz, Fahrtenbericht, als Tagebuchaufzeichnung oder Sach- baschreibung, manchmal in Versen, meistens in Prosa. Er ist für diese Zeitung ■ent scheidend. Man kann vieles für sich daraus .gewinnen und lernt manches verstehen. Und welchen Sinn sollte eine Zeitschrift sonst haben? Noch ein drittes ist mir aufgefallen. Diese Zeitung hat eine Redaktion. Man m.ag sagen, jede Zeitung habe eine Redaktion, die verantwortlich ist und die Sache organisiert. Aber .darin erschöpft sich die Arbeit einer Redaktion nicht. Die Redak tion muß auswählen, sie muß vor alle.m aber die Texte bearbeiten. Stallt m.an je mandem die Aufgabe, verschiedene Brüche zu addieren, so wird mion ihn nicht schelten, wenn er sie zuerst gleichnamig macht. Nenner und Zähler mögen sich beim einzelnem .Bruch verä.ndern, der Wert bleibt allem.al derselbe. So muß auch der gute Redokteur all die Beiträge (fast hätte ich gesagt; den ganzen Bruch) auf einen Nenner bringen. Wenn er das tut, dann heißt das nicht, .daß er alles besser können will, oder daß er nach Lust und Laune handelt. Er ord.net nur alles richtig ein, diamit es seiner Zeitung nicht so geht wie manchen modernen Bildern, wo die Nase da sitzt, wo wir gewöhnlich ein Ohr haben, und .der Mund aussieht wie eine verrostete Fahrradkette. Ich habe nichts gegen moderne Kunst, wohl aber etwas gegen derartige Zeitungen. Schon jetzt bin ich gespannt, was an diese m „Bruch" alles verändert ist, wenn -Ich ihn gedruckt lese, und welche Überschrift er wohl bekommt. 3 �Wenn wir ansonsten emmol unzufrieden mit unserer Schuilzeitung sein sollten, donn gibt es zwei Möglichkeiten, dem aibzuhelfen; selbst gute Beiträge zu liefern oder sich andere Schülerzeitungen schicken zu lassen und diese vergleichsweise zu l e s e n . h NB.: Die Schriftleitung sah sich nicht veranlaßt, an obigem- „Bruch" etwas zu ändern, weil der Verfasser -den „ge-meinsamen Nemn-er" von sich aus ge funden hatte, wofür wir ihm sehr dankbar sind. Für solch e n „Bruch" sind wir übrigens immer -dankbar. M u a n i s c Unsern Oberprimanern zum Abschied die in ihrer Arbeitsgemeinschaft Dürrenmatts „Romul-us der Große" für uns einstudierten. Wenn Sie nun einige Jahre von uns fort sind, woran wenden Sie sich dann noch genau und gern erinnern? K-oum on den Unterricht, vielleicht noch an eine gemein- -sam-e Klassenfahrt, ober sicher an dieses Stück, das Sie zusammen geprobt und gespielt haben. Das schöne Bühnenbild wird Ihnen einfallen, das Herr Dr. Klockenbusch, Ihr Regisseur, gemacht hatte, -vielleicht werden Ihne-n sogar einige Vers-e- Ihrer Rolle, die Sie gespielt hoben, wieder über die Lippen kom/men, sicher -ober wenden Sie die klangvollen Namen der K-aiser+iuihner und mit ihnen das vergnügliche Lachen hören, das Ihnen -da-mals immer wieder aus der viele Male voll besetzten Aula entgeg-engescblagen ist. Sie werden -diann gar nicht mehr wissen, worum es in die sem Stück -eigentlich ging. Nur Gipsbüsten werden Sie immer noch nicht ohne eine gewisse Geringschätzi-gkeit anschauen können, und von Steinsäulen, mögen es nun ionische oder „stalin-a-lleenistische" sein, werden Sie für olle Zeiten wissen, daß man auf sie die Welt nicht gründen kann. Ja, und wenn es — oder sich — einer mal wieder so gar sehr wichtig hat, dann wenden Sie sicher nicht umhin können. Das Fachgeschäft für gute Blumenspenden ßahnhofstr. 2 (Ecke Servatiiplatz) Telefon 3 59 36 Wolbecker Str. 20 M ü n s t e r i . W e s t f . 4 �ein ganz heiles, durcbdrinigendas Hühnergegocker loszulassen und an DOrrenmatts großen Kaiser zu denken, der, mag man sonst von ihm halten, was man will, doch wenigstens wußte, wiei klein und unbedeutend er vor den großen Gängen der Geschichte war. Und uns brauchen Sie, sollten Sie dann eines Tages wieder einmal bei uns her einschauen und an unseren Gesichtern merken, daß wir Mühe haben, uns an Sie zu erinnern: uns brauchen Sie dann nur das Stichwort ,,Romulus der Große" zuzu flüstern, und Sie wenden spüren, daß wir dann schnell wieder im Bilde der Bühne, bei der Hühnergockerei, bei dem Spaß, den wir gehabt hoben, und bei Ihnen sind, ob Sie nun der Diener oder der Imperatoin, der Koch oder der imimermüdte Soldat w a r e n . . S h c o . . Elternabend "am Schlaun-Gymnasium Am Mittwoch, idem 3. Dezember 1958, um 20 Uhr, versammelte sich in Anwe senheit von Herrn Stadtschulrat Dr. Hoss als Vertreter der Stadtverwaltung die Schulgemeinde des Schlaun-Gymnasiums in der Aula der Schule. Der Vorsitzende der Schulpflegschaft, Rechtsanwalt Dr. Freudiger, eröffnete den Abend mit herzlichen BegrüßungsWorten und sprach im Namen aller Beteilig ten die Hoffnung aus, daß sich der Wunsch nach einer eigenen Schule ohne den leidigen Schichtunterricht nun bald erfüllen möge. 5 �Der Leiter der Schule, Oberstudiendirektor Dr. P I a te, entbot allen Gästen den Gruß der Schule und rmachte die Eltern zunächst mit dem neuen Erla;ß des K u 11 uis m i n i s te r s über die Hausauf-goben und schriftlichen Klassen arbeiten bekannt. Das geschehe, so bemerkte er, nicht zuletzt in der Aibsicht, die Schule vor den zahlreichen Angriffen von außen zu schützen, die nur zu oft aus mangeinder Sachkenntnis geführt würden. Es folgten eine Reihe persönlicher Bemerkungen zu den wichtigsten Punkten der Erlasses. Vorweg stellte der Direktor fest, daß die Schule nicht eben glücklich darüber gewesen sei. Immerhin hätten die Schulmeister sich nicht serienweise das Leben genommen. V/ozu auch? „Denn", so sagte Dr. Plate, „eine auf den Tag genau 38jährige Schulpraxis hat mich gelehrt, daß man Leh re rk o ll eg i um 1925 Dr. Lücke Dr. Hastenplug Burgholz Sallandt K r e k e l e r D r . V i e f h a u s H a r t m a n n W e d e w e r Dr. Heesen Dr. Heesing Bufe Dr. Schlosser Dr. Schimmöller Kemper PIeßmann Dr. Oebike Dr. Hoeltzenbein B e h r e B o l l e I I D r. B o l l e I D r. H a g e m a n n L o s s e Romberg Frieling Dr. Corsidreß Dr. Rick Schmidt freibüter Dr. Jacobi Prof. Sommers Prof. Dr, Poelmann Dr. Steffen Klaiber Dr. Siehoff Dr. Hoffschulte Dr. Bohlen 6 �es in Germcinien nun einmal nicht lassen kann, sich für die Schule beständig etwas Neues ouszudenken, es zu erproben — und dann wieder zu verwerfen." Man dürfe sich mit der on sich erstaunlichen Tatsache beruhigen, daß Erziehung trotz d e m i m m e r n o c h z u s t a n d e k o m t m e . Zu den Bestimmungen des Erlasses führte Dr. Plate aus,, daß die Ursachen der überbürdung der Schüler, von der der Erlaß spreche, nicht in erster Linie in der Schule zu suchen sind,, sondern in der pausenlosen Berieselung der jungen Menschen mit den vielerlei Reizen des modernen Lebens, Unter diesen Umständen sei es für die Jungen allerdings sehr schwer, sich geistigen Aufgaben hinzugeben. Rechte Bildung sei ohne Muße nicht zu' erlangen, und es sei darum sicherlich richtig, daß die Schule den Jungen durch den Verzicht auf die Hausauf gaben zum Montag und durch eine sorgfältige Stoffauswahl mehr Zeit zur Muße einräume. Freizeit jedoch sei noch keine Muße und verkehre sich mit bloßem Fern sehen und Kino gar in ihr Gegenteil. Nur die Muße aber führe zu einer Besinnung und damit zu der angestrebten Beruhigung und Sammlung der Kräfte. Hier sehe er eine der ernstesten Aufgaben des Elternhauses, Man überlege sich nur einmal, wie ein Kind „zu sich" kommen solle:, wenn es z. B. von Freitagabend bis Montag morgen mit den Eltern unterwegs, ailso doch ganz „außer sich" ist. Außerdem stelle sich hier sogleich die Frage, wie dem „Blauen Montag" zu begegnen sei, der bei einem solchen Mißbrauch des freien Wochenendes kaum ausbleibe. Nun leuchte es aber allen Einsichtigen ein, daß die Schule nicht auch noch auf konzentriertes Arbeiten am Montag verzichten kann. Der Monfag also sei zwar aufgabenfrei, ober nicht frei vom „Do-Sein". A b i t u r i e n t i a 1 9 1 9 7 �Die Schrecken der schriftlichen K 1 a s s e n a r b e i t e n, so fuhr der Schuiileiter fort, seien ihm aus seiner eigenen Schulzeit nur allzu gut bekannt, und immer wie der habe er sich gefragt, wie die einer schriftlichen Klassenarbeit eigene nervöse Atmosphäre zu entspannen sei. Ganz gelinge das wohl nie. Zuweilen genüge aber schon eine kleine Aufmunterung oder ein freundliches Wort, um den Bann zu bre chen. Der Schwierigkeitsgrad aller schriftlichen Klassenarbeiten entspreche selbst verständlich dem Niveau des mittleren Schülers. Einem Absinken des Niveaius müsse entschieden entgegengewirkt werden aus Gründen, die ein russischer Pädagoge unserer Tage wie folgt formuliert hat: „Wir Russen kennen nur eine Höflichkeit gegenüber den jungen Menschen, nämlich sie mit hohen Anforderungen für das Leben stark zu machen." Zu dem Punkt „Arbeitsmethode" sagte Dr. Plate, es sei seltsam, daß es, obwohl die Zahl der eigentlich dummen Kinder verhältnismäßig gering sei, doch zu so vielen Ausfällen auf der höheren Schule komme. Es sei außerondentlich schwer, alle in einem Kinde schlummernden Anlagen und Talente durch angemes sene Erziehungsmethoden zur Entfaltung zu bringen. Die Schule sei häufig genug Zeuge des Mißlingens und empfinde den gleichen Schmerz darüber wie der große Albert Schweitzer, der einmal gesagt habe: „Wenn man mit Kindern zu tun hat, ist man oft verzweifelt, was daraus wird." Für das Versagen in der Schule nun seien nicht selten falsche Arbeitsmethoden mitverantwortlich, die so leicht dazu führen, daß „ein großer Aufwand schmählich ward vertan". Bei der Verschieden heit der Menschen könne auch die Schule es leider nicht allen recht machen, ob wohl sie sich redlich darum bemühe, und es seien glückliche Augenblicke für einen Schulmeister, wenn er plötzlich fühle, daß er ein Kind ,richtig' angesprochen hat. Hier könnten wiederum die Eltern sehr viel für ihr Kind tun, setze doch das Her ausfinden der angemessenen Arbeitsmethode die intime Kenntnis des Kindes vor aus. Auch könnten die Eltern recht gut dem Jungen dazu verhelfen, sich selbst zu erkennen und so den rechten Weg zu finden. Jedenfalls sollten sie sich über die gottgewollte Verschiedenheit der Temperamente freuen und gegen olle Versuche der Gleichmacherei zur Wehr setzen. Selbst Trägheit erweise sich nicht selten als eine Gnade Gottes, und auch für solche Jungen lasse sich wohl ein Rezept finden, übrigens dürften die Eltern schwer lernender Kinder sich damit trösten, daß das Gelernte bei solchen häufig zu einem festeren geistigen Besitz wende als bei den mühelos Lernenden. Vor allem sollte man sich stets bewußt bleiben, daß die meisten Menschen ganz vegetativ handeln. Diese Erkenntnis müsse bei jeder Lehr- und Lernmethode berücksichtigt werden. So habe er z. B. erlebt, daß die Konjugation eines lat. Verbs in dem Augenblick kein Problem mehr war, als man sie vom Musikalischen her (Rhythmus, Klang) an das Kind heranbrachte. Man lausche doch nur einmal einer rhythmischen Folge wie „laudo — laudas — laudat" oder genieße beispielsweise die Musikalität eines „laudabimini". Trotz aller äußeren Hilfen, so fuhr der Direktor fort, bleibe freilich d ais Ler nen die „c o n d i t i o sine qua n o n" für alles geistige Wachstum. Auch das Kind empfinde schon etwas von der Lust geistiger Erkennlnis, mit der das Lernen gleichsam belohnt wird. Um diese Lust, die wiederum der natürlichste und stärkste 8 �Antrieb zum Lernen sei, dürfe man das Kind nicht betrügen. Genau das geschehe ober mit den sattsam bekannten Übersetzungen wie sie sich vornehmlich im La teinischen so großer Beliebtheit erfreuen. Auf der Oberstufe herrsche dann schließ lich der Geist vor. Hier werde sehr konzentrierte Arbeit geleistet, die ihrem Wesen nach weniger ein Lernen als vielmehr ruhiges Besinnen und geistige Vertiefung sei und darum durchaus im Liegestuhl geleistet wenden könne. Entscheidend für alles Lernen aber sei die Aufmerksamkeit, an der es allerdings heute, wie gemeinhin bekannt ist, am meisten hapert und die zu för dern die Eltern sich ebenfalls ganz besonders angelegen sein lassen sollten. Dann sprach Dr. Plate über den Deutschunterricht. Mit Sätzen wie: „Der Mensch wird Mensch durch seine Sprache" — oider: „Ich bin das, was ich spreche", machte er deutlich, welche entscheidende Rolle die Muttersprache für die Bildung eines Menschen spiele, zumail sich auch das geistige Wachstum vor allem in der Sprache zeige. Schon in der Bibel heiße es — freilich in einem ande ren Zusammenhang: „Deine Sprache verrät Dich", und es sei ganz unverständlich, daß trotz alledem selbst die gebildeten Schichten unseres Vaterlandes ihre Mutter sprache so wenig ernst nähmen. Den Deutschen Aufsatz bezeichnete der Direktor als ein ganz beson deres Sorgenkind der Schule. Einmal sei es sehr schwer für den Lehrer, zur rechten Stunde das rechte Thema zu finden, zum anderen gebe es mancherlei natürliche Hindernisse beim Schüler. Man denke etwa an Jungen, die von Haus aus Platt sprechen. Die Schule wende sich gegen die /gehobene' Feiertagssprache ebenso wie gegen die in Fonmein und Schlagworten erstarrte Amtssprache und den Zeit- schriftenjargon. „Wer die Muttersprache wirklich hat", so sagte Dr. Plate, „kann sich so nicht ausdrücken." Die Muttersprache lasse sich allerdings nicht „einfach" erlernen, sondern werde nur gewonnen, wenn man sein Leben ändere. Die Schule, so führte der Direktor aus, ist für die Werktagssprache, für die kraftvolle, unver fälschte Muttersprache, wie sie etwa Schiller aus dem Studium der Lutherbibel zu wuchs und wie sie das Plattdeutsche mit sicherem Gefühl bis heule bewahrt hat. Schließlich empfahl Dr. Plate den Eltern einige „garantiert wirksame homöo pathische Hausmittel zum Kurieren von Fehlern im Deutschen. Gegen Fehler in der Rechtschreibung: Man lerne jeden Tag zwei Sätze auswendig und schreibe sie nach etwa einer Stunde aus dem Gedächtnis nieder — aber nicht nur zwei Tage lang! Als Universalmittel zum besseren Deutsch empfahl er: Lesen, lesen, lesen . , . und Auswendiglernen. Dazu, so meinte er, könnten alle Eltern ihre Kin der wohl erziehen. Zur Geduld mahnte der Direktor die Eltern und Lehrer der Jungen auf der Mittelstufe, die er wie folgt charakterisierte: „Mal tönen sie im Baß, mal quieken sie, und genau so sieht es bei ihnen auch im Geistigen aus." Die körperliche und geistige Entwicklung vom Kind zum Manne brauche einfach ihre Zeit und lasse sich nicht gewaltsam beschleunigen. Auf der Oberstufe beginne dann das eigent liche Denkenlernen. Man solle sich auch hier davor hüten, die Jungen zu überfor dern. Es sei gut, sich immer wieder klarzumachen, daß die Menschen denken, aber nur wenige richtig, daß hingegen alle Menschen fühlen und die meisten richtig. Diese Einsicht sei gerade für das Erlernen der Muttersprache von der größten Bedeutung. Mit dem ganz allgemeinen Grundsatz „Nulla dies sine linea" 9 �beschloß Dr. Pliale seine Betnachtungen zum Deutschunterricht umd sagte zusam menfassend : „Es darf also keine Freizeit geben, wohl aber Muße, das Sichbesinnen und Ver weilen im Geistigen. Nur so entsteht diefreude; Das kann ich jeWi Man muß die Dinge in aller Ruhe innerlich wirksam werden lassen, denn nur in der Stille kann sich der Geist entfalten. Man muß in den Jungen die Schicht zu treffen versuchen, wo die Freude darüber wohnt, daß es weiteirgeht, daß man geistig wächst. Und darüber sollten sich auch die Eltern freuen und sich nicht mit Noten allein zufrie den geben." Dazu bedürfe es aber der Geduld, denn mit dem V/achstum des Geistes stehe es ähnlich wie mit dem berühmten englischen Rasen, den man immer wieder schneiden und sprengen müsse,bis er endlich — nach etwa 200 Jahren gediehen sei. In diesem Zusammenhong teilte der Direktor ein kleines Erlebnis aus der Zeit unmittelbar nach dem letzten (Kriege mit. M/öhrend einer nächtlichen D-Zug->Fahrt fand er sich in einemi Abteil einer Dame in silbergrauem Haar ge genüber, die zuweilen vor Ermüdung einnickte, zwischendurch aber immer wieder auffuhr und mit eineim Rotstift eine Beethovenpartitur durcharbeitete. Es war die greise Pianistin El ly N e^yl, die noch auf dem Wege zur nächsten Stadt und zum nächsten Konzert in einem Zustand zwischen Schlaf und Wachen arbeitete und lernte. So schloß Oberstudiendirektor Dr. Plate mit dem Wort Robert Schumanns „Es ist des Lernens kein Ende" seine Ansprache, die an lebendigen Beispielen eben so reich wiar wie an gütigem Humor aus einer Weisheit des Herzens, wie sie wohl nur dem erfahrenen Alter eigen ist. Die Schulgemeinde dankte mit sehr herzlichem B e i f a l l . * Die zweite Hälfte des Abends gehörte den heiteren Musen. Oberprimaner boten unter dem Motto „Beispiele zur Pflege der deutschen Sprache" drei heitere Improvisationen auf der Szene. Dann hob zu vorgerückter Stunde ein frischfröh liches Singen und Musizieren an, ausgeführt vom K n a b e n c h o r der S c h u 1 e, von einer Streichergruppe und kleinen und großen Solisten unter Leitung von Studienrat Dr. Allerup, der ein ebenso vielseitiges wie anspruchsvoliles Pro gramm zusammengestellt und liebevoll einstudiert hatte, das in erster Linie der Pflege der Hausmusik gewidmet war. Chor und Streicher begannen mit „Alles war irdisch ist, muß endlich vergehn. Musika bleibet in Ewigkeit bestehn" in einem Satz aus der Zeit des SOjährigen Krieges. Hermann Hamann (von der V c), der ,Solist des Abends', spielte mit ,AAeis1erschaft" drei kleine Stütke von Haydn, Mozart und Beehovem Die beiden Unterprimanier Steeg und Wilms (LH s) gaben eine schöne Interpretation der Variationssonate in G zu'vier Händen von Mozart. Ganz besonderer Dank gebührt Herrn Dr. Allerup unid, dem Knabenchor für die aiusgezeichinete Aufführung von Mendelssohns Duetten für Sopran und Alt (im Chorsatz): „Gruß" (Eichendorff), „Ährenfeld (Hoffmann von Fallersleben) und „O söh ich auf der Heide dort" (Burns) sowie für das trotz der späten Stunde mit hel ler Sangeslust vorgetragene Schlußlied „Mädel wasch Dich", das einen so spon tanen Beifall auslöste, daß sich die kleinen Sänger zu einem Dakapo entschließen mußlen. Dafür brauchten sie am folgenden Tagi© erst zur dritten Stunde zum U n t e r r i c h t k o m m e n . z u 1 10 �Unsere Abiturienten 1959 Vom 2. bis 7. Mörz 1959 fand unter dem Vorsitz von Oberstudiendirektor Dr. Plate unsere diesjährige Reifeprüfung statt. Alle 58 Prüflinge bestanden die Prüfung. E s s i n d : Klasse Ol m (math.-naturw.) Dietrich Bartsch D i e t e r B ö c k e r Hans-Jürgen Borchard Johannes Büker P e t e r E x t e r n e s t Horst Fehmer Hans-Joachim Freudiger Egbert Gerstmann Arno Groll R e i n h a r d H e r l i t z i u s W o l f H i l k e Bernd Horstmann E r n s t K i r c h n e r R u d o l f N e i s e K l a u s O f f e r m a n n Holger Petersson K a r l P r i n z Norbert Rover Gerd Rowold Hermann Schmeing Rudolf Schmidt H a r a l d S c h u l z e U d o S t e l z e r H u b e r t T i l l k o r n Claus Voigt Klasse Ol s a (neusprachl.) H u b e r t A b e l e r F r a n z - J o s e f A ß h a u e r A x e l B e r c h t Bernhard Drerup Volker FröndhofF Georg Gahn Dirk Grad a US Dieter Hawerkamp Manfred Höner Jürgen Hungerberg Manfred Immenkamp Winfried Kleine Jürgen Kranichi B e a m t e r Bau-Ingenieur Bau-Ingenieur Theologe Techniker P h v s i k e r i A r z t OfF.zier bei der Luftwaffe der BW Studium der Mathematik und Physik Jurist Physiker Ve rk eh rs fingen i e u r Dipl.-Ingenieur Voksschullehrer J u r i s t Studium der Mathematik und Physik Volksschullehrer Bau-Ingenieur Volksschullehrer Physiker Dipl.-Dolmetscher Studium der Pharmazie und Chemie Offizier bei der Bundeswehr A r z t Bau-Ingenieur Kaufmann Volksschuillehrer Studium der Volkswirtschaft und Jura Dipl.-Ingenieur Philologe A r z t A r z t Studium der Staats- u. Rechtswissensch. Ingenieur A r z t A r z t Philologe Philologe 11 �Hans-Reinhard Lehmphul Horst Michaelis Rolf Münch Ewald Oetter _ BieteT^ahlen Konrad Pöpsel H a n s R e u t e r K a r l - F r i t z S t e l l e r Marcel Willamsen Kunsterzieher Studium der Philosophie und Soziologie Studium der Germanistik Philologe Industriekaufmann Schiffsbau-Ingenieur Studium der Germanistik Offizier bei der Luftwaffe der BW Philologe Klasse Ol s b (neusprachil.) Wilfried Ast Wolfgang Bluimenberg Dieter Duwenig Helmut Flöel H a n s - D i e t e r F r e m a n n Klaus-Dieter Gramatke Hans-Jürgen Heimpold Dieter Kersting Klaus Küper Wolf Michaelis R e i n e r M ö l l e c k Philologe Dipl.-Ingenieur Philologe Philologe Philologe Ingenieur Philologe A r z t Jura und Geschichte A r z t Dipl.-Physiker 1 2 �Entlassungsfeier für die Abituhentia 1959 Herrlicher Tag! Unigetrübte Sonne. In ider hoben Kastamie die ersten flügel schlagenden Stare. Das Trappeln feiner Scbuhe auf den Fliesen des Flures. Neben dem Ehrenmol 'brennt auf ihrem schweren Ständer die dicke Kerze. Beide Türen der Aufa weit geöffnet. Fast alle Menschen in festlichem Schwarz, über den einrückenden J.ungen flirrt die Erwartung. Wiedersehen mit vielen alten Beikannten. Das feierliche Sich-Erheben zum Einzug. Die fröhlich-ernsten Gesichter der Abi turienten. Leichte Erregung im Spiel des kleinen Orchesters. Nachdenklich-beschei dene Dankesworte des scheidenden Schülers: „. . . und vielleicht gelingt es einem von uns auch einmal, einen Stern zu enhasche'n . . ." Verständige Würdigung der Schularbeit durch einen kundigen Vater. Ein neuer Cellist spielt im Schulorchester; der alte sitzt unter den Abiturienten. N'un die Rede des Direkors, in jedem Jahr erwarteter Höhepunkt. Und es gelingt wieder, denn diese Bilder bleiben; der Manni, der am Bette der jungen Frau, 'die ein Kind geboren hat, sagt: Nu sü tou, dat du et grout krisi — und die Weisung, das Leben an-sich-zu-nehmen, wie eine Mutter ihr Kind an sich nimmt. Alle Nomen der Abiturienten klingen noch einmal auf aus dem Munde des Sextaners. Schönes, spannungsloses Nebeneinander von Anfang und Ende.. Die Zeugnisse in den Händen der Großen, der goldene Oster hase in den Händen des Kleinen. Helle Knabenstimmen singen Abschiedslieder. Guter Klang der Hymne: „. . . blüh im Glänze dieses Glückes . . ." iDer große Beifall und der langsame Ausmarsch. Letzte Ge'Spräche auf dem Flur. Viel Händedrücken. Die Kerze am Ehrenmal flackert im Luftzug derer, die die Treppen nehmen. Helles Sonnenlicht ouf der Straße. Viele Motoren springen an. Die Schiebe S c h . H e r r l i c h e r o f f e n . T a g ! d ä c h e r s i n d F r . Die Schule — von allen Seiten betrachtet 1. (aus der Perspektive des Sextaners) Ein Gymnasium hat den Vorteil, daß man für jedes Fach einen anderen Lehrer hat. Wenn nun eine Klasse einen sehr „giftigen" Lehrer hat, ist das noch gerade zu ertragen. Wenn aber diese Klasse den Lehrer den ganzen Tag hätte, würden viele Schüler die Nerven verlieren. Nicht sehr schön finde ich es, daß das Schiwimimen für unsere Klasse in dier 6. uind 7. Stunde ist — man ko'mimt dann viel zu spät zum Mittagessen. Weiter finde ich es nicht schön, daß der Sch.ulhof mit einem so rauhen Material befestigt ist. Wenn man hinfällt, reibt man sich die Kniee und Hände wund. Falls es in der Klasse einmal laut ist, sollte der Lehrer nicht die ganze Klasse bestrafen, sondern sich d i e heraussuchen, die wirklich, laut gewesen sind. Das erstere ist zwar viel bequemer, aber das andere dafür nach meiner Meinung gerechter. 1 3 �II. (aus der Perspektive des Obertertianers) Vor ein paar Taigen kaim ich, wie schon oft, in letzter Minute zur Schule uod stellte mein Rad schnell in meinen Ständer. Dabei dachte ich mir, daß die Stän derfrage im Vergleich zu früher doch gut gelöst ist. In der alten Schule mußte ich mir immer erst einen Platz suchen und verlor dadurch Zeit. Auf dem Weg zum Zeichensaal scholl mir großer Lärm entgegen. Ich bedauerte sehr, daß der Zeichensaal keine schalldichten Wände hat. Denn meistens dauer* es nicht lange, und der Herr Direktor steht in der Tür uind führt bittere Klage über unser schlechtes Beneihmen. Der Mittelbau sieht zwar von außen nicht schön aus und paßt nicht zu den neueren iFiügeln, aber er hat seine Vorzüge. Hat man nämlich einmal ein schlech tes Gewissen und will deswegen einem Lehrer ausweichen, findet sich hierfür gute Gelegenheit in den Ecken und Winkeln des Flurs. Das Buttenbrotspapier gehört zwar in den Papierkorb. Aber wenn niemand in der Nähe ist, wirft man es gern in die Gegend. Nach dem Auskippen werden nämlich die Körbe nie wieder richtig verteilt. Die Sextaner freuen sich dann ganz besonders darüber, daß sie das Papier aufheben dürfen. Die Vorteile unserer Schule würden, nachdem das Ratsgymnasium ausgezogen ist, noch mehr ins Auge fallen, wenn diese kleinen Mängel verschwänden. Die Lehrer würden sich dann weniger ärgern, und uns könnte dos nur recht sein. III. (aus dar Perspektive des Primaners) Ich besuche seit zwei Jahren das Schlaun-^Gymnasium. Wenn ich es nach einer solch kurzen Zeit wage, Kritik an deirSchule zu üben, dann möchte ich alle herzlich bitten, mich deswegen nicht für einen Meckerer zu halten. Natürlich habe ich nicht die langjährige Erfahrung meiner Mitschüler, die von Sexta an die Schule besuchen; aber ich bin auch noch nicht dazu gekommen, mich an all das, was mir nicht ge fällt, zu gewöhnen; außerdem kann ich, was ich „bei Schlauns" erlebe, mit den Verhältnissen auf meiner alten Schule vergleichen. Da fällt mir gleich die Schülermdtverantwortung auf. Zweifelbs ist sie rührend, tätig. Es finden oft Sitzungen des Schülerparlamentes statt, und es gibt sogar eine Verfassung. Herausgesprungen is bei den Beratungen auch schon etwas. Seit einigen Monaten werden Tanztees abgehalten, und die Mitverant wortung sitzt an der Kasse, wenn in der Aula Theater gespielt wird. Sicher ist das nicht alles, wais diese Einrichtung leistet, aber ich weiß von ihr nicht mehr. Und das finde ich merkwürdig. Die Sitzungen sind geheim. Man ka'nn sie weder als Zu hörer besuchen, noch ist bei den 'Klassenvertretern etwas von dem herauszukrie gen, was besprochen wurde. Dabei besteht das Schölerparlament doch aus Schü lern, die wir gewählt haben, und wir möchten deshalb auch gerne wissen, was in unserem Auftrage getan wird. Auch an die Veranstaltungen unserer Schule denke ich. Sie sind, glaube ich, für die Schule dasselbe, was die großen Feste für die Familie sind|, und ich finde es gut, daß es an unserer Schule so etwas wie Sportfeste, Sommerfeste, Handball-,. 1 4 �Fußball- und jetzt sogor Basketballturniere gibt, daß wir einen Schülerturnverein, einen Schachklub, idie Bannermannschaft und den Schulchor haben. Aber darf ich, weili ich selbst gern musiziere und singe, zur Arbeit des Schulchores einmal einige Vorschläge machen? Wäre es nicht möglich,, unseren Knabenchor jetzt, wo wir wieder allein sind, zu einem großen, gemischten Chor auszubauen, der dann vieilleicht sogar regelmäßig, wie die Schiriftleitung dieser Zeitung in Nr. 16 vorschlug, größere Chorwerke singen könnte? Ich weiß sicher, daß viele Schüler aus den oberen Klassen das sehr gerne hätten. Ja, und was habe ich am meisten auf dem Herzen? Einmal etwas über das Verhältnis zwischen den Schülern der Oberstufe zu ihren Lehrer zu sogen. Uns ist so oft gesagt worden, daß wir mit unseren Lehrern zusammen ouf das Abitur hinambeiten. Dazu ist ein ganz persönliches Verhältnis zwischen ihnen und uns notwendig, und das besteht, nach meinem Eindruck, leider noch nicht zur Genüge. Ich kann es einfach nicht hören, wenn es heißt: „Müller, gehen Sie zur Tafel!" Dann komme ich mir vor wie auf dem Kasernenhof. Warum werden wir nicht mit unserem Vornamen aufgerufen (und olle, ob wir nun immer auf der Schule gewesen sind oder erst kurze Zeit)? Wenn das nicht geschieht, hat man das Gefühl, daß die Lehrer hoch über uns stehen, daß die Distance unüberwind lich ist. Nun sind aber unsere Lehrer sicher unsere Vorgesetzten, und wir müssen und können viel von ihnen lernen; aber sie stehen doch auch da als Vertreter unserer Eltern, die uns ja auch nicht bei unserem Familiennamen rufen. Und noch etwas anderes ist mir nicht recht, dies nämlich: daß Lehrer und Schü ler in den Schulgängen so oft aneinander vorbeilaufen und sich gegenseitig über sehen. Erst in der Klasse scheinen sie sich wieder zu kennen. Ich weiß jedenfalls nicht, ob ich meinen Lehrern, wenn sie mir im Gebäude begegnen, einen guten Morgen wünschen soll, denn ich bin nie sicher, ob das angenehm ist oder ob es stört. Ich wäre froh, wenn sich das ändern würde. Man könnte mit viel mehr Lust und Mut auf dos Abitur hinarbeiten in der Gewißheit, daß man nicht Fremden, sondern Freunden gegenübersteht. IV. (aus noch größerem Abstand) Jedermann weiß heutzutage, was ein Star ist; denn jedermonn weiß, wer ein Star ist. Soviel Englisch kann doch wohl jeder, daß er dabei nicht an einen Vogel denken muß. Von den Staren-Vögeln reden nur noch die Biologielehrer. Das Leben der Stars hingegen kennt jedes Kind. In meiner Schulzeit freilich war das noch anders. Mein Direktor wußte z. B. noch nicht einmal, daß man bei einem Star in Geduld zu warten hat, bis er er scheint; und derinoch konnte er diomals Direktor sein. Was der gute Mann jedoch in seiner Unkenntnis dieser Dinge angerichtet hat, das will ich berichten.^ Z u We i h n a c h t e n w o l l t e d i e S c h u l e m i t d e n E l t e r n e i n e S c h u l f e i e r v e r a n stalten. Dabei sollte ein Weihnachtsspiel aufgeführt werden, in dessen Mittelpunkt ein längerer Wechselgesang der Heiligen Drei Könige stand. Obwohl ich erst vor kurzem von auswärts her in die Schule gekommen war, gab es für den Musik lehrer keinen Zlwaifel, daß ich diaibei — ich war .damals Quintaner und ein ge- 1 5 �übter Vorsänger — die Altstimme zu singen hätte. Schwierigier war es, für die bei den onderen Könige den geeigineten Tenor und den Sopran zu finden. Bei den Proben konnte auch ein Quintaner merken^ daß die Stimmen dler drei Könige nicht gleich geschult waren. Aber bei einer Schulfeier kommt es nicht auf Vollkommen heit an, und mir war es recht. Oer lang erwartete Abend war gekommen. V/ir Chonknaben, als Engel verklei det, sangen die Weihnachtsgeschichte. Nach einem feierlichen Zwischenspieli des Schulorchesters — wir „Könige" zogen ums dabei schnell um — kam der Höhe punkt des Abends, der Aufzug der Heiligen Drei Könige. Als wir auf die- Bühne zogen, leuchteten um uns die Kerzen der Chorknaben. Im Saal ober war es dun kel und totenstilL Und nun sangen' wir, von Instrumenten begleitet, zuerst gemeinsam, dann im V/echselgesang „unsere" Geschichte. Als ich an der Reihe war, sang ich so versiunken, daß ich alles um mich herum vergaß. Der ältere König mußte mich anstoßen, damit ich weiterzog. Dann 'aber spürte ich von' Strophe zu Strophe, ich weiß nicht woher, daß die gesamte Schulgemeinde mehr un'd mehir auf meine Stimme lauBchte. Als wir zu Endie wairen, mußten wir den Schluß wiederholen, und mit großem Beifall, recht passend für ein Weihnachts spiel, zogen wir ab. Mir aber hatte der Direktor dabei die Wangen gestreichelt und merkwürdig, obwohl ich dergleichen sonst nicht gern litt: diesmial hatte ich nichts dagegen. Taumelnd und erregt kam ich im Garderobenzimmer an uad begann mich um zuziehen. Da stürzte ein Primaner herein, um mich zu holen. Die Eltern wünschten mich noch einmal zu. sehen: der Direktor habe bestimmt, ich sollte die Gewinnlose der Wohltätigkeitslotterie aussuchen. „Aber ich kann 'doch nicht mit halbem Staat erscheinen?" — „Wirf den M'ontel um, und komm", wurde 'mir entgegnet. — „Nein, sag dem Direktor, er möge etwas warten, ich wore gleich fertig." Gesagt — gelan. Doch es dauerte ein kleines Weilchen. Als ich dann stolz in die Aula gehe und eben auf die Bühne treten will, W'erde ich von einem älteren Schüler des Orchesters am Arm gegriffen und zurückgeholten. „Ja, ober, ich. . . ." — „Pst! Zurück, siehst Du denn nicht?" — Wahrhaftig! Das Herz krampfte sich mir zusammen. Da steht ein blonder Sex taner neben d'Sm Direktor und schüttelt den Eimer mit iden losen. Ja, durfte er das denn? Das war doch imeine Sache. Mich hatte man gerufen. Der war ja noch nicht einmal im Chor! Bestürzt und hilfesuichend zugleich schaute ich in den schreck lich hell erleuchteten Saal. Aber alle Blicke sind in freudiger Spannung auf den Sextaner gerichtet, niem'and beachtet mich. Dai entdecke ich. mitten im Saal, mein-e lächelt. Jetzt stößt sie meinen Vater an, der Mutier. Sie schaut zu mir und nickt mir zu. Tief atme ich auf Zehenspitzen zui den Bänken, wo der Chor sitzt, um mich dort einzuordnen, wo ich hingehöre. ich auf und winke zurück. Dann aber schleiche Froh und müde zugleich folge ich dem Abschluß des Abends und spüre, daß aus mir etwas ganz anderes geworden wäre, wenn wir nicht so einen altmodischen Direktor gehabt hätten, der mir unversehens den „Star gestochen" hatte. U. E 1 6 �(P^jeUautiAd^LfieiJ&m Mit Beginn des neuen Schuliahres nehmen wir in ,einem das Ruder^Training wieder auf. schuleigenen Ruderboot Dos Boot, ein A-Vierer, wird in wenigem Wochen geliefert und soll damn einen Namen bekommen. Wir rufen hiermit alle interessierten Schüler unserer Schule auf„ an der Namen- gebumg mitzuwirken, indem sie einem Vorschlag bei Herrn Dr. Tuchmiann obgeben. bis zum 20. April, 1959 Derjenige, dessen Vorschlag angenommen wird, erhält einen Bei mehreren gleichlautenden Vorschlägen entscheidet die Schriftleitung durch P r e i s v o n 1 0 . — D M . Los, welcher der Einsender dem Preis erhält. 1 7 �D e r a r m e P o e t Eine Bildbeschreibung Der Rauim, in den wir hineinsehen, macht einen äußerst nüchternen, ja ärm lichen Eindruck. Dos Licht föilt durch ein Erkerfenster ein, trifft ober nicht dos Loger des Dichters. Rechts sieht man eine aus rohem Holz gefertigtet Tür. Decke und Fußbaden sind aus klobigen Balken und Brettern gefügt. Sie laufen oben wie unten einförmig-gleichmäßig und ohne jede Verzierung d'urch den ganzen Raum aiuf den Eintretenden zu. Die Wände sind schlecht verputzt. Das einzige Möbelslück in dem kohlen Raiumte ist ein großer Kachelofen, von dem man nur die unbeleuchtete Seite mit fdiem Feuerloch sieht. In dessen Schwärze liegen verkohlte Papiere. Ein Zylinderhut an dem schwarzen, grausam eckigen Ofenrohr und eine Schale nebst Flasche' aiuf der Ofenplatte zeigen an, daß das Feuer nicht brennt. Der Raum wirkt dadurch noch kälter,, als er an sich schon ist. Unordentlich liegen gebündelte Zeitungen, ein einzelner Stiefel, ein Stiefelknecht, steht ein Handstock auf dem Boden. An der linken Wandt hinter dem Kachelofen, 1 8 �hätiigt ein alter Gehrock an einem Nagel. Wie eine Brücke verbindet ein aufge hängtes zerschlissenes Handtuch das Lager des Dichters mit der kahlen Wamd. (Oder würde es treffender heißen: Ein zerschlissenes Handtuch verbindet diese nüchterne, harte Welt der Wirklichkeit mit der Welt des Dichters, gleichsam wie eine Brücke zwischen beiden?) Der Dichter liegt in der nicht vom Lichte getroffenen rechten Ecke das Raumes auf einem einfachen Matratzenlager. Er hat seine Knie stark angezogen, so daß sie ihm als Lesepult dienen können. Das Licht umspielt ihn, ohne ihn zu berühren. Er liegt zufrieden, ja glücklich da. Große, weiche Kissen hat er sich unter den Kopf geschoben. Eine Decke wärmt ihn. Er trägt einen ansehnlichen Morgenrock, dazu eine Nachtmütze. Nahe bei ihm sehen wir mächtige Bücher aufgestapelt und an einandergereiht, die ihn wie eine Mauer vor der Umwelt schützen. Ein fast leeres Tintenfaß steht griffbereit neben ihm auf einer Schachtel, dazu die für ihn wohl unvermeidliche T abaksdose — sein einziger Luxus. Ein aufgespannter Regen schirm wölbt sich über dem Dichter. Er schützt ihn vor Nässe, die durch das gewiß undichte Dach eindringen und ihn stören könnte. Die Wölbung des Schirmes bildet mit der geschwungenen Form seiner Glieder und dem Bücheroufbou einen fast geschlossenen, schützenden Kreis. Der Poet hält in der einen Hand sein eben vollendetes Wenk und liest es sich vor, die Gänsefeder im Munde. Mit der anderen Hand prüft er den Rhythmus und das Metron, dessen Schema er sich in den Kalk der Wand eingeiritzt hat. Er scheint z u f r i e d e n z u s e i n . In der so unfreundlichen Umgebung liegt er unbeschwert und friedlich wie ein Kind da. Wie ich ihn so betrachte, meß ich an ein Gedicht von J. Weinheber den ken, in welchem es heißt; „Wir einsam, übersehn, verkannt. Bauein uns ous Traum ein Heimatland Und teilen jedem, der da will. Vom gottnalh seligen Gefühl . . ." Dieser Dichter hat sie gefunden, diese andere Welt. Sie gehört ihm und er ihr. Er ist darin wie zuhause —' ist in seinem Heimatland. Detlef Kra.uth (QUI sa) Wie ich einmal einer alten Frau eine Freude gemacht habe Oma Hohmann in unserm Hause war krank. Ich wollte igerade zum Spielen gehen, da fragte sie mich: „Hans-Georg, holst dü mir wohl einen Liter Milch?" „Ja, das mache ich." Sie gab mir 20 Pfennige zu viel mit und meinte: „Den Rest darfst du behalten." Das wollte ich nicht. Doch sie ließ sich nicht idavon abbringen. So ging ich denn zum Milchimann, Auf dem Rückwe-g übeirlegte ich, wie ich Frau Hohmoinn das Geld zuTÜckjgeben könnte.' Mir fiel nichts ein. Inzwischen war ich schon on ihre Türe ge- 1 9 �kommen. Ich schellte an. Als sie aufgemacht hattei, gab ich ihr diie Hand und die Flasche Milch. Und ehe sie wußte, was los war, war ich schon die Treppe hin- untergesauist. Jetzt erst merkte sie, daß ich ihr das übrige Geld in die Hand ge d r ü c k t h a ß e . Ich kaufe jetzt ijeden Taig für Frau Hohmann ein — ohne Botenfohin. H a n s - G e o r g D e n s e ( V a ) Sextaner befassen sich mit der schwierigen Frage Was sie tun würden, wenn sie Lehrer wären Es ist wohl schwer zu sagen, was ich tun würde, wenn ich Lehrer wäre. Ich habe zwar vor, Lehrer zu werden. I. Wenn die Jungen garnichts lernen wollen und zu frech sind, lasse ich sie ein fach sitzen und beschäftige mich mit dianen, die weilen. Aber Ostern kommt ja das Entscheidende; Ich lasse sie nicht nur sitzen,, sondern durch den Direktor und den Schulrat von der Schule hinunterschimeißen. Den Jungen, die nur manchmal ein bißchen Unfug machen, gebe ich eine Strafarbeit auf, wie sie sie verdient haben,., Ich möchte sie nicht geirne bau,ein, denn das wäre mir viel zu. anstrengend und nähme mir viel zu viel Zeit in Anspruch. Sirafarbeiten aufzugeben ist ja viel l e i c h t e r. Die Strafarbeiten sammle ich vor der Stunde ein, ,und wienn einer seine Straf arbeit ins Arbeitsheft geschrieben hat, so muß er sie auf einem Zettel noch einmal sauber schreiben. Am schönsten ist es ober wohl, wenn alle artig sind. Andre K au, th (VI o) II. Ich würde das etwas anders m,achen. Ich wünde den Jungen meiner Klasse z. B. einmal richtig erzählen, daß es viel schöner ist, wenn alle ruhig sind. Denn dann könnte ich viel besser unterrichten, der Unterricht würde mehr Spaß machen, und keiner würde ,mehr stören. Mit Straforbeiten wünde ich nicht so kleinlich sein, denn der Lehrer sollte sich überlegen, daß er ja auch einmal Junge gew-esen ist. Dann ginge alles viel besser, meine ich. Öfters wünde ich ein spannendes Buch aus der Schüleirbücherei nehmen. Aus diesem würde ich am Ende der Stunde vorlesen. Wenn dann einer geschwätzt hätte, müßte er sich während idieser Zeit auf den Flur stellen. Dann würde sich alles zusamimen-reißen. Lind keiner wüird,e -mehr schwätzen. Strafarbeitien würde ich überhaupt nicht aufgeben, sondern dien Unartigen wünde ich ,eine Ohrfeige geben. Eine Ohrfelge tut nur für eine kurze Zeit weh. Aber eine Strafarbeit kann elnelm den ganzen Tag verderben. Wenn schönes Wet ter ist, hockt .man dann den ganzen Tag in der Stube, was sehr ungesund sein kann. Höchstens würde ich einem schlechten Rechner Rechenaufgaben aufgeben und einem, der nicht gut rechtschrei-ben kann, etwas zu schreiben. Dann würden sie daraus lernen, unid die Straforbeit hätte Sinn. Norbert Frie (Via,) 2 0 �Aus dem Biologie-Unterricht Kennt ihr die Sumpfmieise oder den Kleiber? Wißt ihr, wie ein Grünfink oder ein iBaiurnläufer aussieht? Wenn nicht, dann gebe ich euch einen Tip: Diese Vögel sind töigiliche Gäste unserer Schule. Genauer gesagt sind diese Vögel zu Gast bei der Sexta b. Doch ich will nichts voreilig verraten. Zwei Sextaner wollen es e u c h s e l b s t e r z ä h l e n . Es war ein strenger Winter. Die Vögel litten große Not. Der Schnee lag sehr hoch. Da komen wir auf die Idee, den Vögeln eine Freude zu machen, und bau ten ein Fulterhaus. I. Unser Biologielehrer brachte drei große Breiter mit. Wir gingen damit in de.n Werkraum und bauen daraus ein Vogelhaus. Nun mußten wir überlegen, wo wir es wohl aufstellen könnten. Wir wußten es baild: gegenüber vom Zoo haben wir es unter einem dickem Baum am Philoso phenweg aufgestellt. Dort steht es geschützt. Täglich geht einer von unserer iKIasse hin und füttert Kohln-jeisen, Blaumeisen, Sumpfmeisen, Kleiber, Grünfinken und Drosseln. lEs ist schön, ihrem Treiben zuzu sehen. Spatzen sind natürlich auch da. Wo wären die nicht, wenn es was zu fressen gibt! Aber das macht nichts. Wie possierlich es dann on der Aa aussieht! Die Teichhühner kommen bis unter das Vogeilhaus und fressen die hinuntergefallerien Körner. Kl. S c h u h mi a c h e r Es ist gar nicht so einfach, den Nagel nicht krumm zu schlagen 21 �Der Winter kam mit Eis und Frost. Da überlegte sich Herr Post, Mit uns ein Fuitterhaus zu baun Und dort dem Vögeln zuzuschaun. Als das Futtenhaus fertig war. Stellten wir es auf an der Aa. Jeden Tag muß jiemand zum Füttern gehn. Da kann er viele Vögel sehn. Nun haben wir einen neuen Plan. Damit fängt die ganze Klasse an: Wir bauen Nistkästen für die Meisen —■ Denn am Futterhaus können die Vögeil nur speisien. R u d, i S t e i n g r u b e Ich warte auf den Obus Es ist noch früh am Morgen, fast noch dunkel. Das fahle Licht der erstem Däm merung breitet sich schwach am Himmel aus und genügt gerade, die schweren Wolken erkennen zu lassen, die grauschwarz über der Stadt hängen. Ich stehe an der Bushaltestelle. Außer mir wartet niemand. Kalt und in heftigen Stößen fegt der Wind um die 'Ecke und,treibt mir Sprüh regen ins Gesicht. Ich drehe mich um und schlage den Mantelkragen hoch. Em un gemütliches Wetterl Ich suchie Schutz in einem Lademeingamg,. Die Lam.pe Ober der Straße schaukelt hin und her. In ihrem trüben Licht schim mert das nasse Kopfsteinpflaster malt auf. Ein Auto fährt vorbei. Einen Augen blick sehe ich die stumpfe Spur seiner Reifen, dann hat sie der Regen wegge waschen. Mich fröstelt. Die schaukelnde Lampe läßt in schnellem Takt die schwarzen Pfützen aufblin ken, die auf dem Gehwieg stehen. Ein Mann kommt heran, steigt vorsichtig über die'diunklen Lachen hinweg und stellt sich zu mir in den Eingang. Ihm scheint d<as Wetter ebenfalls nicht zu behagen. Seine blaue Schirmmütze hat er weit ins Ge sicht gezogen. Seine Hände stecken tief in den Manteltaschen. Der Bus müßte bald kommen. Noch zwei Männer und eine alte Frau finden sich ein und tauschen kurze Bemerkungen über das Welter aus. Ich kenne sie nicht, aber ihre Gegenwart läßt die trübe und etwas gespenstische Stimmung, die ich anfangs empfunden höbe, schwinden. Da höre ich ein helles Surren, das rasch laiuleir wird. Der Obusl Und schon schwenken seine Scheinwerfer um die Ecke. Ernst Brors (Otllsa) 2 2 �Rudolf H il g e m a n n (V b) �An die Schlaun-Schüler-Gewerkschaft Als „Gew&rkschaflsboß" möchte ich zum Schluß des Arbeitsiahres 1958/59 einige Worte an euch richten. Ihr wundert euch über eure Rolle? N.un, ich habe mich auch gewundert, als man mich neuilich mit „Gewerkschaftsboß" anredetei Natürlich habe ich über diese neuartige Bezeichnung nachgedacht und mich gefragt, was der Schöpfer dieses Titels sich dabei woihl gedacht hatte. Er wollte mich wahr scheinlich hänseln, hatte aber nicht bedacht, daß eine Gewerkschaft eine Vereini gung von Arbeitnehmern (= Schülern) ist, deren Intenessen der Gewerkschafts führer (ehrlich gesagt: „Boß" klingt mir zu aggressiv) gegenübeir den Arbeitge bern (= Lehrern) vertritt. Freuen muß sich also ein Schulsprecher, der eine wahre Schülergemeinschaft hinter sich hat. Der erwähnte Herr hatte unsere Schülerschaft unbewußt als eine Interessengemeinschaft bezeichnet, die auf Klassenebene etwa über einen Vorschlag berät und ihn dann dem Schulsprecher als ihrem Vertreter vorträ-gt. Der Herr hatte dies unbewußt getan, folglich war kein iob dabei. Und nun, liebe Kameraden, zweierlei. Zunächst sind' unter uns noch zu viele Gleichgültige, denen nicht klar ist, daß sie durch mangelnden Einsatz das Werden der Schuilgemeinschaft hemimen. Ist es etwa gleichgültig, langweilig/ vergeudete Zeit, wenn unsere Fußballgruppe Spiele gegen andere Schulen austrägt? Wenn die Handbai Ig nuppe mit zwei Mannschaften an den Stadtmeisterschaften teilnimmt? Wenn die Basiketballer unter den letzten acht Mannschaften Westfalens in Dort mund spielen? Wenn die Schachgruppe eine Schulmeisterschaft austrägt? Ich glou:be nicht, daß alle Schüler von dem Bestehen einer Zeiichnergiruppe, einer Bast lergruppe, einer Tischtennisgruppe an unserer Schule 'wissen. Ist es bei solcher Viel seitigkeit nicht gerad'eizu schwierig, sich ein eintöniges Schulleben zu bereiten? Dann: Um eine Sache kommen wir nicht herum — unsere Arbeitsgruppen brau chen Geld. ^Es gibt bestimmt einige Leser, die fragen: wozui? Als nicht gerade Weitsichtiger kann ich es Kurzsichtigen ja sagen: Es gibt Fahrtkosten und es gibt Beschaffungskosten, die wir aalbst tragen müssen. Wie steht ihr da zu meinem Vor schlag, daß jeder von uns S c ih üi I e r n zu A in f a n g d ei s neuen S c h u I - j ahire s m i t 1,— DM b e i trögt, diese Schwierigkeit aus der Welt zu schaffen? Ferner: Theoretisch gibt' es in ijeder- Klasse- einen Verantwortlichen für die Schulzeitung. Praktisch ist es ziemlich still um ihn — bis zu diem Tage, an dem die neue Nummer d'er Schulzeiliung erscheint. Dabei gibt es Themen genug. Warum in die Ferne schweifen? — Daß die Sache nicht gegen die Lehirer, son dern m. i t den Lehrern geht, ist selbstverständlich. Laßt uns alo versuchen, alle Anzeichen eines „müden Haufens" zu beseitigen, damit nicht nur e i n Lehrer im Unterbewußtsein von uns als einer Gewerkschaft spricht. Kameraden, die nur im Hochsommer einen Vorschlag machen (den stereo typen Vorschlag, „hitzefrei" zu erbitten), wie diejenigen, die erst nach Erschei nen der Schulzeitung ihr Talent als Kritiker offenbaren,, ziehen am falschen Ende. E u e r S c i h u l s p r © c h e . r 2 4 �Mein Hobby Mein Hobby ist das Mikinoskopieren. Ich habe mir vor vier Jahren ein kleines Mikroskop gebastelt, mit deim ich die Oihiekte ungefähr 125mal. vergrößern konnte. Es machte mir viel Freude, befriedigte mich aber auf die Dauer nicht, da die Lin sen fehlerhaft waren und so das Bild nie ganz scharf wurdei. Zu meiner Konfirma tion bekam ich nun von meinem Onkel ein besseres Mikroskop geschenkt, das die Objekte 450mal vergrößert. Es besteht aus einem u-förmigen Fuß, dem Tubus und. dem Objekttisch. Unter diesem befindet sich ein Linsensystem, durch das die Lichtstrahlen, die vom Spiegel auf das Objekt gewoirfen werden, auf einem Punkt vereinigt werden können. Vom Objekt werden die Strahlen durch das Objekt geleitet und gelangen durch ein längeres Rohr, den Tubus, zum Okular. Wenn ich mit, dem Mikroskop arbeite,, so stelle ich es ziemlich nah'e an das Fenster, aber nie unmittelbar in den.Lichtein,fall. Dainefoen stelle ich den Kasten mit den Objektträgern und einen anderen mit den Deckgläsern. Die' Objektträger sind rechteckige Gläschen, die etwa 6 cm lang, 2 cm .breit und 1 mm d.ick sind. Die Deckgläschen sind so groß wie mein P'a'umennagel und haben meist quad'ratische oder wenigstens rechteckige Form. Sie sind so dick wie starkes Papier. Neben die sen beiden Kästchen steht ein drittes, das eine Pinzett'e, zwei Präpariernadeln, eine Rasierklinge und ein kleines Messer enthält. Außerdem besitze ich noch zV/ei kleine Flaschen mit roter und blauer Farbe. Einige Tage zuvor mache ich mir einen Strohaiufguß. Von ihm lege ich einen Tropfen auf einen der Objektträger und schiebe ein Deckgläschen 'darü'ber. Mit zwei Klamimern wird das Präporat am Obje.kttisch festgehalten. Mit ein'Om Zahn rad drehe ich den Tubus mit dem Objektiv so tief, daß das Objekt fast .das Deck gläschen berührt. Oann stelle ich den Spiegel so, daß .das Präparat vollständig ausgeleuchtet ist. Nun setze ich das Okular auf den Tubus und seihe mit dem rech ten Auge hindurch. Zuerst erblicke ich leinigie verscNwomimene Schatten, die sich hin und her bewe gen. Ich drehe den Tubus solange, bis ich auf einmial eine Menge kleinier, durch sichtiger Tiere sehe, die überall beiriumflitzen. Im linnern der Tiere erblicke ich Punkte und Strichei, die ma.n aber meistens nicht gut enkennen kain.n, d'a' die Tiere sich imm'erfoirt bewegen. Ich lege auch Blattdiurchschnitte unter das Mikroskop und untersuche ihre Zellen. Das alles macht mir viel Freude und erregt meine Bewunderung übe-r diese groß ( O l l i m ) a r t i g e W e l t K l e i n e n . i m J . B ' ü n i n g . 2 5 �Ein Pfingstmorgen Wieder war eine Stunde vergongen, und die Uhr mahnte mich, endlich einzu schlafen. irgendeine innere Unruhe hielt mich wach. Ich bemühte mich eine weitere Viertelstunde, Schlof zu finden. Als ich aber, anstatt schläfrig zu werden, wach und wacher wurde, sprang ich kurz entschlossen aus dem Bett und begann, mich in oller Ruhe anzukleiden. Am Himmel zeigte sich eine trübe Färbung, die auf den nohendien Tag schließen ließ. Meine Schuhe in der Hand„ schlich ich mich aus dem Schlafzimmer zum Hundehaius. Dort war „Anka", ein Langhaardackel, unterge bracht. Sie hatte mich schon gehört und stand leise winselnd vor der Tür. Ich zog meine Schuhe an. Leise schlichen wir uns davon. Draußen lag ein wei(3er Morgen- nebel. Es war noch nicht viel zu sehn, aber von Minute zui Minute wurde es heller, und der Dunstschleier lichtete sich. Nur in den Bodensenkungen blieb ein weißli cher Vorhang zurück. Da bedauerte ich es nicht mehr, nicht eingeschlafen zu seinj Ein leises Ziehen des Hundes erinnerte mich daran, schneller weiterzugehen, immer dem schmalen, ausgetretenen Pfad nach,, der zu den hohen Fichtenwäldern führt, die das Egge gebirge trägt. Ernst und dunkel nahmen sie sieh aus in der klaren, stillen Morgen luft, die noch von keinem Laut durchdinungen war als dem Scharren des Hundes und dem GeröuSch meiner Schritte. Von hier aus hieß es vorsichtiger gehen; denn hier begann das Reich der Rehe u|nd des Rotwildesl, die im Eggegebirge noch ver hältnismäßig zahlreich anzutreffen sindi. Der Hund zitterte vor Aufregung und zog wild an der Leine, so daß ich einen schnelleren Gong anschlagen mußte. Lange schlichen wir so durch den Wald', bis zwischen den Bäumen der nunmehr schon helle Tag hindurchzuschimlmern begann. Nun mußten wir noch leiser auftre ten, und ich, machte den Hunid los, damit er weniger Geräusch verursachte. Doch als wir an den Waldesrand kamen, war weit und breit keine Spur auch nur eines Hasien zu sehen. Nun bewegten wir uns stets mit dem Waldrand auf einer Höhe, so daß wir immer den freien Gebirgsrücken vor Augen hatten, von dort aber nicht ohne weiterels gesehen werden konnten,. Plötzlich schoß der Hund auf die ersten Böumchen einer Fichtenschonung los und verschwand mit Gekläff unter dem tiefhängenden Gezweig. iDort mußte er wohl ein Scbmalreh aufgestöbert haben; denn ich hörte ein kurzes^ helles Schrek- ken, dann sah ich ein paar Stämmchen schwanken. Alle Disziplin außer acht las send, stürzte der Hund mit Gebell dem fliehenden Reh nach und zerriß so die Stille dieser Morgenstunde. Nach einiger Zeit kam er mit hängender Zunge nach gelaufen. Währenddessen war ich auf einen Hochsitz gestiegen; der Hund wartete unten geduldig. Aber auch von dort oben aus war nichts zu entdecken. Schon kletterte ich wieder abwärts, da bemerkte ich, auf der Leiter stehend, wie sich etwa 50 m vom Hochsitz entfernt eine Hirschkuh aus der Schonung schob. Vorsichtig sichernd und immer wieder windend trat sie im Stechschritt auf die Lichtung. Plötzlich ver nahm ich ein kurzes Fiepen undl sah ein kleines, gesprenkeltes Hirschkalb, das aus den Fichten kam. Aber nicht vorsichtig, wie die Alte windend, sondern springend hüpfte es hervor, wie ein kleiner Ziegenbock sich immer wieder mit allen vier 8ei- 2 6 �nen abstoßend^ spraog in ,die Luft und schien sich über den Tag aiusgeiessen zu freueni Longe sah ich ihnen iso zu. Ich konnte nicht genug belkoimrnen von dler Le bensfreude, die aus dem munteren Tun des Kleinen sprach, wurde aber plötzlich in meinen Betrachtungen geslört. Scheinbar bekam die Alte plötzlich Witterung von mir, stutzte und verschwand mit dem Kalb zwischen den Fichtem Nach einigem Mimuten hörte ich sie. noch einmal schrecken, und leise schlich ich mich davon, um den Zauber, der . über dieser Morgenstunde lag, nicht zu zerrei ßen. — Dies war wohl der schönste Pfingstmoirgen, dien ich fe erlebt hatte. Klein (Uli so) 2 7 �Elster und Katze Ein« Elster und eine Katze saßen in einem Baum. Plötzlich fing die Elster an zu reden. Sie sagte; „Alte Katze, jeden Tag liegst du om Ofen und schläfst. Ich aber fliege in der weiten Welt herum." Die Katze entgegnete ihr; „Du bist ein Dieb. Du stiehlst ja den Menschen ihren Schmuck. Ich aber bin ein nützliches Tier. Ich fange den Bauern die Mäuse und Ratten weg. Daher sind die Menschen gut zu mir." Danüber geriet die Elster in großen Zorn und wollte der Katze die Augen aus hacken. Doch da hörte an einen iauiten Schuß. Ein Jägersmann hatte die Elster abgeschossen. Die Katze aber zog lachend ihren Schwanz ein und verschwand. H a n s K l e i n h ö l t e r ( V t b ) I I . Eine Katze lag schnurrend .auf der Fensterbank und blinzelte träge in die Sonnej Die Hausfrau hatte gerade die Fenster geputzt. Damit ihr Ring nicht naß würde, hatte sie ihn neben die Katze auf das Fenisterbrett gelegt und gesagt; „Paß gut auf den Ring auf, Kasimirl Ich darf ihn nicht verlieren." Da Kasimir sehr müde war, schlief er ein und merkte nicht, daß eine diebische Elster auf dem Baum vor dem Fenster auf diesen Augenblick gewartet hatte. Plötz lich fuhr Kasimir hoch und sah, wie die freche Elster schon auf den blitzenden Ring zuschoß. Kasimir legte seine Pfote schützend über dien Ring. „Gib den Ring her! schrie die Elster. Kasimir aber ließ die Pfote nicht von dem Ring. In diesem Augenblick erfaßte die Hausfrau, die hinter dem Vorhang gestanden hatte, die Elsterj riß ihr den Ring aus dem Schnabel und schleuderte den Dieb aus dem Fenster. Ihren Kasimir aiber streichelte sie. Michael Lü h n (VI b) Winterabend auf Bahnsteig 2 des Hauptbahnhofes Der Bahnsteig ist feucht vom Nebel, der sich langsam auf die Erde senkt. Der Himmel ist stochdumkel. Ab und zu zieht ein Windstoß durch den leeren Bahnhof. Die Glühbirnen unter dem Dach des Bahnsteigs schaukeln gleichmäßig. Der Schat ten einiger Gegenstände verlängert und verkürzt sich. Ein Schauer überfällt mei nen Rücken. Gemächlichen Schrittes gehe ich bis zum Ende des Bahnsteiges. Die Lampen an den Masten werfen trübes Licht auf die silbern glänzenden Schienen. 2 8 �Em juinger Mann steigt die Treppen herauf. Auf der Plattform sieht er sich hastig um. Sicher will er nachsehen, ob sein Zug schon weg ist. Dann schaut er auf die Uhr. für den ersten Augenblick ist er beruhigt und holt tief iuft. £r hat noch Zeit. Er schlägt seinen Mantelkragen hoch, U'in sich vor dem Wind zu schüt- zen. Danach reibt er sich die Hände, tritt von einem Bein auf das andere und flötet leise vor sich hin. Es sieht so aus, als ob er sich warm machen will. Ich glaube ober, daß Unruhe dahinter steckt. Jäh werde ich aus meinen Beobachtungen herausgerissen. Dos Rattern eines gelben Wagens durchbricht die Stille. Mit ungleichmäßigem Kloppern nähert er sich. Mühsam schiebt ein Postarbeiter den vollbeladenen Wagen an uns vorbei. Hin und her schwanken die hoch aufgestapelten Pakete und Päckchen. Unser Zug muß bald kommen. Ich schaue in die Richtung, aus ider er kommen muß. Nachdem der Uhrzeiger ein Stückchen vorgekrochen ist, tauchen die Lichter einer Lok im Nebel ouf. In der letzten Kurve schwenken sie herum und rasen ge radewegs auf uns zu. Einige Minuten später sitze ich in einem warmen Abteil Ulrich Vieth (Olllsa) Weihnachten in Tschiertschen Tschiertschen liegt in der Schweiz, in der Nähe von Chur. Die Häuser stehen zusammengedrängt ouf einem kleinen Hügel. Dieser lehnt sich an eine Bergwand on. Alle Wohnhäuser sind aus Holz gebaut und sind meistens zweistöckig. Zwi- chen ihnen sieht man das Postamt, eine Gastwirtschaft und — die Kirche. Wir hatten uns die obere Etage eines der Hoizhöuschen gemietet. Es hatte ein Wohnzimmer, eine Küche, ein Bad und zwei Schlafzimmer. Die Räume wurden von einem eisernen Ofen geheizt, der im Flur stand. Einfach, aber wunderschön: das war unser erster Eindruck von Tschiertschen. Der Wald, welcher sich den Beirghang hinoiufzog, bestand aes Lärchen, Fichten und Kiefern. Graue, grüne oder broune Flechten hingen wie Bärte von ihren Ästen und Zweigen. Zwischen den Stämmen glitzerte der Schnee. Das schönste Skigebiet, das ich bis dahin gesehen hatte, war das von Tschiert schen. Wir stiegen täglich wohl fünfmal den Hang hinauf und hatten dann eine wohl zwei Kilomieter lange Abfahrt zum Dorfe. Da schönste ober, was ich in Tschiertschen erlebte, war das Weihnachtsfest. Als es dämmerte, gingen olle Einheimischen und alle Gäste in die kleine Dorf- kirchev Was mich dabei so tief beeindruckt hat, wüßte ich kaum zu sagen. Ich könnte es auch kaum in Worten wiedergeben.. Ich weiß nor, daß es tiefe Nacht war, als wir die Kirche verließen, und daß ich nie wieder ein Weihnachtsfest als so schön empfunden habe wie dies. j. Büning (CHI m) 2 9 �Prügelknabe ? Drei Tage im Schuljahr sinid die Gemüter erregt. Dos sind die Tage nach der Kiliassensprecherwahl: „£r" hat wieder seine Hand im Spiel gehabt. „Er" hat die Kandidaten ausgesucht. „Er" hat sich sogar über den Willen der Klasse hinweg gesetzt umd „sein" zahmes Lämmchen durchgebracht. — Der arme „Würdenträger" selbst hört in der Klasse schmeichelhafte Worte. Er weiß drei Tage lang nicht, wie er sich bewegen soll. Dann ist alles wieder beim altem Im Verlauf des SchuiLjahres wird der Sprecher noch zwei- oder dreimal eine Pausenlänge bearbeitet und'anschließend vorgeschickt, eine Freistunde oder einen aufgabenfreien Nachmittag herauszuschinden. Er darf bei jeder Gelegenheit Geld einsammeln, er ist es imimer gewesen; er wird bereits ousgelachti, bevor er über- hauipt seinen Mund aufgemacht hat. Das ist ein trübeis Bild — und außer denen, die gern ein bißchen aus dem Hintergrund hetzen und sich so billigen Ruihm bei dummen Lachern holen wollen, bedauert das jeder. Was ist da zu tun? Erstens muß man von der neuen Satzung unserer Schülermitverantwortung etwas mehr kennen als die beiden Sätze: „Die Wahl (des Klassensprechers) ist geheim" — und: ,/Der Klassenlehrer nimmt auf den Wahlausgang keinen Einfluß." Viel Zündstoff wäre beseitigt, wenn auch einige der anderen Regeln beachtet würden: Der Klassensprecher verfehlt seine Aufgabe, „wenn er in ständiger Op position zum Lehrer steht." Der Klassensprecher soll „die Rechte und Wünsche seiner iKIasse ... klug und taktvoll vertreten." „Zum Klassensprecher kann nur gewählt werden, wer mindestens seit einem Jahr der Klassengemeinschaft angehört." „Der Klassenspnecher soll befriedigende Leistungen aufweisen." „Der Klassensprecher bedarf der Bestätigung durch den Klassenlehrer." „Mißbraucht der Klassensprecher das Vertrauen; so kann ihm das Amt genommen werden." Wer bei der Wahl diese Fonderungen berücksichtigt, kann schon so etwas wie Qual verspüren, und vielleicht 1ut es, ihm leid, daß er nicht schon vor Ostern mit einem Kameraden darüber nach.gedachf hat. Ihm dürfte es erst in zweiter Linie wichtig sein, ob zehn oder dreizehn Minuten der Mathematikstunde für die Wahl geopfert werden müssen. Aber hören wir weiter die Satzung: Der Klassensprecher „hat vor Klassenveranstaltungen (Wanderlag, Klas senfahrt) die Klasse nach ihren Wünschen und Vorschlägen zu fragen und diese dem Klassenlehrer vorzutragen." 3 0 �„Er hat die Tagesordnun-gen und Beschlüsse der Sitzungen des Schüler- und Oberroiies seinen Kliassenkaimeraden mitzuteiilen, sie mit ihnen zu besprechen bzw. sie zu erläutern," Do hoben wir's! Diese Satzung ist völlig unmodern! Denn sie verlangt zweitens, daß man zuweilen schweigen soll — weil der Klassensprecher spricht. Man soll offenbar auch die Hand heben, wenn man zu reden wünscht; vielleicht sogar des wegen weiter schweigen,, weil der Sprecher einem anderen das Wort erteilt. Man soll schweigen, wenn einer etwas Dumimes sagt oder gar etwas, was einem nicht gefällt. Wer weiß einen anderen Weg, die Meinung der Mehrheit herauszufinden, Dummheiten oder Einseitigkeiten zu vermeiden? Eine unserer diesijöhrigen Abiturklassen hat sich vor zwei Jahren mühevoll und anfangs unter bitteren Enttäuschunigen auf diesen Weg gemacht, und über das Er gebnis spricht sie heute noch: über die Berlinfahrt, die sie ganz allein geplant und bis in die Programme der einzelnen Tage hinein vorbereitet hat. Die Lehrer haben nur unterschrieben und die Aufsicht geführt. Leicht wird es der Klassensprecher nie haben. Er hat ja ein richtiges Amt zu verwalten. Auch der beste Sprecher ist ganz von seinen KlaBsenkomeraden ab- härvgig. Er ist das, was die Klasse aus ihm macht. Vor allem im Anfang wird es viel Verdruß geben. Aber warum gleich den Mut verlieren? Das ist doch bei allen Sachen so. Und vielleicht darf dann manchmd ein Lehrer helfen,.. Das ist ihm lieber, als wenn er seine Hand im Spiele haben m u ß , . v e r h ü t e n . ü b l e r e s u m z u d . . „Wie Ich mich einmal für Blätter interessierte" In der letzten Nummer unserer Schulzeitung standen zwei nette Aufsätze ü b e r d i e B l ä t t e r . Ihr werdet euch erinnern. Böse Zungen behaupten nun, das seien Strafarbeiten gewesen. Das kann nicht sein; denn Strafarbeiten gibt es nicht, und es kann doch nicht sein, was nicht sein darf. Das wußte schon Korff bei Christian Morgen s t e r n : Und er kommt zu dem Ergebnis: Nur ein Traum war das Erlebnis. Weil, so schließt er messerscharf, nicht sein kann, was nicht sein darf. Wie wenig diese bösen Zungen recht haben, ersieht man noch daraus, daß die Verfasser von der Redaktion Honorar bekommen hoben. Seit wann gibt es für Strafarbeiten Honorar? Es waren also ganz gewiß keine Strafarbeiten. Quod erat! PI . . . 31 �Hartwig Sepp Faber - eine Namenerklärung Jeder Name soll ein Vorzeichiein seiin. Die Eltern wollen mit dem Nomen ihrem Kinde ihre Wünsche mit auf den Lebensweg geben. In frühesten Zeiten begnügten sich die Menschen mit einem einzigen Namen. Dieser hafte meist etwas mit Kampf zu tun oder drückte Mut^ Reichtum, edlen Charakter aus. Sie sind olle germonischen Ursprungs und bestehen aus zwei Teilen. Zu ihnen gehören Namen wie Hartmut (= einer mit viel Mut und festem Charak ter), Wolfgang ( = einer, der gern zur Wolfsjagd geht), Ulrich (= einer mit viel Besitz). Zu dieser Gruppe gehört auch mein erster Name „Ho rt w i g". Er besteht aus zwei Teilen, nämlich „hart" und „wig" (= Kampf). Die Eltern gaben ihrem Jungen mit diesem Nomen den Wunsch mit auf den Weg,, er möchte ein harter Kämpfer werden. Später kom dos Christentum zu den Germanen. Den Leuten wurden nun die Geschichten von den Heiligen erzählt und vertrout. Sie hörten vom heiligen Georg, vom heiligen Antonius, später auch von Sankt Franziskus. Do wollten monche El tern, daß ihre Kinder so würden wie die Heiligen, und sie gaben ihnen Nomen wie Fronz, Georg (Jürgen), Anton. Auch die Nomen von Bibelgestolten gaben sie ihren Kindern. Von do kommt mein zweiter Name: Sepp. Es ist eine süddeutsche Abkürzung von „Joseph". Die Eltern wollten, daß ihr Sohn genou so werde, wie der heilige Joseph einst gewesen war. Als um die Jahrtausendwende die Städte entstanden waren, gab es bald so viele Leute gleichen Nomens in einer Stadt, daß man sie nur schwer unterscheiden konnte. Desihalb nannte man sie aiußerdem noch ihrem Beruf: „Hortwig der We ber" oder „Joseph der Fischer". Auch noch merkwürdigen Eigenschaften wurden sie benennt. Der Erfinder der Buchdruckerkunst hafte bereits zwei Nomen: Johann Gensfleisch (Gutenberg) hieß er. Dos gleiche gilt für Martin Luther. In dieser Zeit, in der Renaissance! veränderten die Menschen ouf einmal ihre alten Nomen. Sie (übersetzten sie etwa ins Lateinische und meinten dann, sie wären mehr als vorher. Zu dieser Gruppe gehört mein dritter Name, der Haus name oder Familienname „Faber". Es ist die Übersetzung von „Schmied" oder „Schmidt". Der erste Träger dieses Namens war olso Schmied gewesen. Wenn die Eltern heute ihrem Kinde einen Nomen geben, so wissen sie meist gar nicht, was er bedeutet. Wenn er schön klingt, genügt ihnen das, was eigent lich sehr zu bedauern ist. Dann: Nomen est omen. Dos sollte ouch in unserer Zeit gelten. Ulrich Meyer (Olli sa) �Meine erste ,,FünP' Meine erste „Fünf" bekom ich für ein Diktat. Es war im zweiten Schuiijahr. Da mals wohnte ich bei meiner Großmutter in Berlin. Daß eine „Fünf" etwas Unange nehmes war, wußte ich noch nicht. Ich hielt sie für eine Note wie jede andere auch. Ohne jedes Angstgefühl nahm ich also mein Fleft in Empfang und schlug es auf. Ja, da stand es ganz groß und deutlich: „Fünf!" Mit einem Ausrufungszeichen da hinter. Ich sah mir die Fehler an. Da war z. B, „Nilpferd" mit „ie", „Stuhl" ohne „h", „Franzose" mit „h" geschrieben. Zwischen „regnete" und „rechnete" hatte ich keinen Unterschied gemacht. Bei dem Worte „nämlich" hatte der Lehrer das „ä" so verführerisch lang gesprochen, daß ich ihm — mit besonderem Stolz — ein „h" angefügt hatte. Aber der Lehrer war anderer Meinung: er hatte einen dicken roten Strich unter das „h" gemacht. Ich hatte also eine „Fünf". Eigentlich hätte ich mir ja denken können, daß das nicht eine andere Bezeichnung für „Gut" war. Aber ich kam seltsamerweise nicht darauf. Seelenruhig packte ich nach Schulschluß meine Mappe und bummelte nach Hause, indem ich — wie sonst — mal hier, mal dort stehenblieb, wo ich glaubte, eine Entdeckung gemacht zu haben. Ich entdeckte damals täglich die wunderschön sten Dinge auf meinem Schulweg. Daheim stand die Haustür offen. Also brauchte ich nicht zu schellen. Ich trat ein und ging geradewegs in die Küche, auf Großmutter zu. Sie stand am Herd und kochte das Mittagessen. „Ich hab eine „Fünf" geschrieben", rief ich voll Stolz. Großmutter drehte sich um und sah mich eine Weile stumm an. Sie machte ein Gesicht, als ob sie ein schweres Gewitter überstanden hätte. Mein Grinsen mußte sie wohl für Bosheit ansehen, denn plötzlich hatte ich eine saftige Ohrfeige sitzen. Was danach kam, weiß ich nicht mehr- Ich weiß nur, daß.mein Respekt vor Großmutter eine Steigerung erfuhr. Außerdem habe ich aus diesem Erlebnis zwei Lehren für die Zukunft gezogen, die nicht ganz unnütz waren, weshalb ich sie hier preisgebe: erstens nahm ich mir vor, nach Möglichkeit keine „Fünfen" mehr mitzubringen; da das aber nicht ganz zu vermeiden war, wie sich herausstellte, hielt ich zweitens darauf, dies den Interessierten stets mit Vorsicht und Schonung beizubringen, eine Taktik, die sich in meinem Falle — vielleicht hätte ich um der Wahrheit willen den Plural setzen und sagen sollen: in meinen Fällen — bestens b e w ä h r t h a t . • J . B ü n i n g ( O l l i m ) 3 3 �Wa r u m w i r z u H a u s e eine Tageszeitung halten Unsere Tageszeitunig wird uns jeden Morgen um acht Uhr ins Haus gebracht. Zuerst liest meine Mutter dairin. Sie hat ja Zeit dazu, ich bin in der Schule,, und bis zum Beginn der täglichen Hausarbeit ist es noch ein Weilchen. Sie setzt sich in die warme Küche an den noch nicht obgeräuimten Frühstücks tisch und liest zuerst den Roman. Zwischendurch trinkt sie ein Schlückchen Kaffee oder knabbert an irgendeinem Gebäck. Nachdem sie den Roman ausgelesen hat, blättert sie die Zeitung durch, liest hier und da einen kleinen Artikel, aber nur mit geteilter Aufmerksaimikei. Allenfalls interessieren si^e noch die Todesanzeigen. Meine Mutter behaiuptet, diese halbe Stunde vor der täglichen Hausarbeit mit der Zeitung und der Tasse Kaffee sei für sie die schönste des ganzen Tages. Wenn meine Mutter die Zeitung fortgelegt hat, dauert.es nicht lange, bis mein Großvater sie sich holt. iEr setzt sich mit ihr in seinen bequemen Sessel ins Wohnzimmier und beginnt zu lesen. Dabei pflegt er eine Pfeife zu rauchen. Mein Großvaiter ist der eifrigste Zeitungsleser in unserer Familie. Er liiest alles, was in der Zeitung steht: von der hohen Politik über den Wirtschaftsspiegel und den Stadtanzeiger bis zum Filmprogramim. Das schiimmste, was man tun kann, ist, ihn beim Zeitunglesen zu stören. Ohne Zeitung kann ich mir meinen Großvater überhaupt nicht vorstellen. Im Gegensatz zu meinem Großvater liest meine Großmutter nur sehr wenig Zeitung. Es macht ihr zu viel Mühe, sagt sie., Aber die wichigsten Ereignissie des Tages läßt sie sich doch wenigstens vorlesen. Dazu bestimmt sie meistens mich. Es langweilt mich nicht, ihr vorzulesen. Denn ich interessiere mich sehr für das, was in der Welt vor sich geht. Meistens .bin ich allerdings zu bequem, mir die einzelnen Artikel genau durchzulesen. Ich überfliege die Schlagzeilen und schaue mir vorzüglich die Bilder an. Nur am Samstag nehme ich mir Zeit. Dann lese ich sogar ausgiebig ,die Kurzgeschichten, Witze und Rätsel, die auf der „Bunten Seite" s t e h e n . So haben wir alle in unserer Familie etwas, was uns in der Zeitung besonders interessiert. Deshalb halten wir die Tageszaitung und möchten sie nicht missen. H a n s - Mainti n Jürgens (OHIsa) 3 4 �Zonengrenzfahrt Vor kurzem bs ich in einer Zeitschrift einen Artikel mit der Überschrift: ,giften in Deutschland, mitten im 20. Jahrhundert". Darunter stand etwas kleiner: „Sta cheldroht, Schlagbäume, Erdbunker, V/achttünme". — Nachdenklich legte ich die Schrift aus der Hand. Zwar wird es mir — wie wohl vielen „Wirtschaftswunder- kmdern" — bei der Erwähnung der Zonengrenze immer leicht unwohl. Aber die ser Artikel „hatte es in sich" — so sehr, daß ich beschloß, mich mit eigenen Augen zu überzeugen. * Schon zwei Stunden brauste der Interzonenzug durch das waldreiche hesssische Bergland. Die schmutzigen Vorstädte Kassels blieben im Norden zurück, und der Schienenstrang folgte dem gewundenen Lauf der Fulda. Da betrat ein Mann in grauer Uniform unser Abteil und fragte, wer in die Zone reise. Ein ergrauter Herr stand auf und reichte seine Papiere. Der Uniformierte blätterte sie durch, machte sich Notizen und gab sie zurück. Gelassen setzte sich der Grauhaarige hin und schaute nach draußen. Der Vorfall schien ihm vertraut zu seim So verlief meine erste Berührung mit der SBZ. * Soeben hatten wir, eine Gruppe Jugendlicher, in einem Reisebus Bad Hersfeld verlassen, um die markantesten Punkte der Zonengrenze zwischen Hessen und Thüringen kennenzulernen. Unter strahlendem Himmel lag das Wiesen- und Wei deland der Rhön. Von den Kuppen dieser ehemaligen Vulkanlandschaft schweifte ider Blick über das Gewoge von Berg und Tal. Die Zonengrenze rückte näher- Im Bus wurde es lebendig. Fragen, Vermutun gen, Vorschläge, die das Stichwort „Zonengrenze" betrafen, wurden laut. Unser Fahrzeug schwenkte in eine Seitenstraße ein. Rechts leuchtete auf einem Baum stamm ein mit weißer Farbe gemalter Hinweis für amerikanische Panzer: „Attention 30C0 meters to border!" Plötzlich sprach unser Fahrer ins Mikrophon; „Rechter Hand ein WachtturmI In wenigen Minuten fahren wir an ihm vorbei." Das Stim mengewirr verstummte und schwoll wieder an.i Durch mein Fernglas konnte ich den WachttuTim erkennen, einen quaderähnlichen Kasten, der auf vier hohen Holzstäm men stand, denen Verstrebungen eine Leiter bildeten. Der Fahrer erklärte weiter: „Wir fahren jetzt dem Zehn-Meter-Streifen entlang." Richtig! Uber den Abhang auf der rechten Seite zog sich ein breiter Gürtel frisch gepflügten Ackerbodens und lief parallel der Straße. Rechts und links breiteten sich Weiden mit grasenden Kühen aus, unterbrochen von Obstplantagen. Ein friedliches Bild? Wer die Be deutung dieses Streifens nicht kannte, erhielt duirchaus einen solchen Eindruck. Und doch, warum wagte die Bäuerin nicht, die wenige Schritte vom Zehn-Meter- 3 5 �streifen entfernt in einem Gemüsefeld grub, unser Winken zu erwidenn oder auch nur oufzuschaiuen ? Die 'Erklärung fanden wir bald. Der Wachtturm gab sie. Er glich einem Hochsitz, von dem allerdings nicht das Ti©r,sondern der Mensch gejagt wird. Die öberlandleituingen waren abmontiert, nutzlos ragten die Masten. Später standen wir auf dem Hof der Buchenmühle im hessischen Kreis Hünfeld. Er war von Stacheldraht zerschnitten. Wohnhaus, Backstube und Brunnen lagen greifbar, aber unerreichbar hinter dem Draht, der — durchZweige und Stämme verstärkt — einer Palisade ähnelte. Ein Arbeiter erzählte uns, wie es zur Teilung dier Mühle kam. Bis 1952 habe der Besitzer sein durch die Demarkationslinie ge teiltes Anwesen ungehindert benutzen können. Dann hätten sie von Pankow aus den eisernen Vorhang auch hier heruntengeilassen, um den „Arbeiter- und Bauern- staat gegen den westlichen Imperialismus zu schützen". Ich sah mir die enteigneten Gebäude an. Das ehemalige Wohnhaus verfiel langsam. Sämtliche Fensterscheiben waren zerschlagen. An den Wänden bröckelte der Mörtel ab, so daß ider nackte Stein durchbrach. Im Dach gähnten große Lö cher, in der Dachrinne wucherte Unkraut. Der zugeschüttete Brunnen und die Back stube mit ihren verma.uerten Fenstern und den klaffenden Rissen in der Wand bo ten einen traurigen Anblick. Die Szenerie wurde natürlich ausgiebig photographiert, damit man daheim be weisen könnte, daß es an der Grenze tatsächlich so aussah. Ich ging langsam den Stacheldraht entlang. Er näherte sich dem Fuße eines Berges, überquerte einen Bach und verlor sich allmählich im Gebüsch. Nach Grenz polizisten hielt ich vergeblich Ausschau. Aber noch war mein© Reise ja nicht beendet. * Philippsthol. Neben der Ortstafel stand ein Wegweiser: Nach Vacha 4 km. Diese Angabe stimmte nicht mehr. Um von Philippsthal nach Vacha zu reisen, mußte man einen Umweg von etwa 70 km machen. Ein Witz? Keineswegs. Vor der Errichtung der Zonengrenze waren es wohl 4 km. Heute aber muß man die Kon trollpunkte Herleshaiusen in der Bundesrepublik und Wartha in der SBZ passieren, um nach Vacha zu gelangen. Wir fuhren an Kalihügeln, Fördertürmen und Schachtanlagen vorbei. Philipps thal ist bekanntlich reich an Kalivorkommen. Wir hatten die Straßensperre Philippsthal—Vacha erreicht. Mannshoher, dicht geflochtener Stacheldraht zog sich von der Brückenbrüstung der Werra über die Straße, stieg über die Mauer eines kleinen Vorgartens und verschwand hinter einem Bretterzaun durch ein Fenster im Erdgeschoß der Druckerei Hoßfeld. Auf dem Asphalt jeneits des Drahtes lag Sand, der — wie uns zwei Männer vom Bun- 3 6 �, desgrsinzschtuiz erklärten, die sich bei der Sperre oufhielten — der Spurensiche rung dient.. Die gesperrte Werrabrücke führte zum Dorf Vacha, ich erkannte den Kirchturm und davor — einen Wachtturm. Ich ging mit einer Gruppe von Jungen über die Flußwiesen dicht an die Werna. Am andern Ufer erhob sich der Wachtturm. Er war völlig mit Holzbohien verklei det. Auf dem Turm patroullierten zwei bewaffnete Grenzpolizisten. Sie trugen Uni formen nach sowjelischem Vorbild- Wir winkten ihnen zu. Sie stutzten, ddnn winkten sie lächelnd zurück. Mein Nebenmann zückte seine Kamera. Blitzschnell wandten sie uns den Rücken zu. Mein eigener Versuch, sie zu photographieren, endete mit dem gleichen Ergebnis. Die beiden Beamten vom Grenzschutz hatten die Szene beobachtet. Sie sagten, das Winken sei nichts Außergewöhnliches. In der Dunkelheit könne man in den erleuchteten Fenstern auf beiden Seiten der Werra öfter winkende Menschen sehen, die so ihre Verbundenheit zeigten. * Die Stunde der Abfahrt war da. Noch einmal prägte ich mir das Bild ein: das vom Stach&ldrahr geteilte Flaus, den Sand und den Wachtturm. Während unser Bus anfuhr, blickten wir zurück. Die Grenzpolizisten auf dem Wachtturm standen n e b e n e i n a n d e r u n d w i n k t e n ( O i l s ) . . . J o s e f G o e k e M e i n F r e u n d G e r h a r d Mein Freund Gerhard ist fünfzehn Jahre alt und mittelgroß. Er hat schon recht ausgeprägte Gesichtszüge. Er ist ein kräftiger, robuster und mutiger Junge. Seine Spezialität ist das Fußballspiel. Ich habe noch keinen Gleichaltrigen bj'esser spielen s e h e n . Er ist ein Draufgänger. Deshalb kommt es bei ihm nicht selten vor, d_aß er mit Hautabschürfungen und Wunden das Spielfeld verläßt. Aber das übersieht er. Auch ist er immer guter Dinge. Wenn einmal ein Mitspieler eine Verletzung hat, ist er immer der erste, der ihm beisteht. Wenn ihm jemand wehe tut, so verzeiht er ihm gern und schnell. Ich glaubte anfangs, daß er wegen seines dnaufgängerischen Wesens auch innerlich hart sei. Aber ich wurde vom Gegenteil überzeugt. Das geschah bei einem Spaziergang durch den Wald. Dort fanden wir ein ganz junges Eichhörn chen, das ein Hinterbein verstaucht oder gar gebrochen haben mußte. Es lag fast bewegungslos am Boden. Wahrscheinlich hatte es schon länger dort gelegen. Es war halb verhungeirt. Ich sagte Gerhard, er solle es liegen lassen, denn es werde die Fahrt nach Hause nicht überstehen. Er aber nahm das arme, zitternde Tierchen und barg es in seiner inneren Rocktasche, so daß es gewärmt wurde. So gelang es ihm, das Eichhörn chen sicher nach Hause zu bringen. Dort machte er ihm ein weiches Lager zurecht, hegte und pflegte es solange, bis es wieder gesund war. Da erkannte ich, daß ich mich in Gerhard geirrt hatte: er war viel feinfühliger m ) m a n c h e r a n d e r e . R i c h a r d a l s S c h w a r z ( O l l i 3 7 �Vorschau Nachdem im vergangenen Jahr die Ui s in Dijon zu Gast war, will in diesem Jahre unsere Olli s (Oslern Ul s) England ,entdecken'. Die Klasse wird während ihrer Fahrt vom 16. bis 31. Mai, die sie von Dover über Cantenbury — London Oxford — on Avon bis hinauf nach Yorlkshire führen wirdi, der alten Stadt York einen mehrtägigen Besuch abstatten. Von den Erlebnissen dieser Studienfahrr wird die Schulzeitiung wohl in der nächsten Niummer iberich.ten können. Vorerst wünschen wir allen Schülern der Klasse Oll s schöne Frühlingstage in ,Merry Old England'. Mögen die begleitenden Lehrer ein Einsehen haben und die armen Schüler nicht über Gebühr mit abendländischer Bildung strapazieren! Das wünschen allen Beteiligten Die begleitenden Lehrer Wer hat es gemerkt ? Die Schülerbücherei ist umgezogen. Die Bücherschränke stehen jetzt in dem schmalen Gang neben dem Eingang zum Zeichensaal, und auf einem Tisch unter dem Fenster kann man in aller Rehe blättern. Das Elternsprechzimmer am Ende des Flurs ist zugleich Arbeilsraum für die Bibliothek. D i e U h r f ü r s L e b e n E T E R N S - M fi T I C M Ü N S T E R ( W E S T F. ) Prinzipalmarkt 35 ■ Fernruf 4 47 02 Eigene Goldsch m iedewerkstatt 3 8 �Wir dürfen danken für diese Verbesserungen und uns darüber freuen, daß lietzt vieles leichter geworiden ist. Gleich nach Ostern soH ein neues Verzeichnis für idie Mittel- und Oiberstufenbönde vonbereitet werden.i Vietileicht staunt dann mancher darüber, was man bei uns alles kostenlos entleihen kann. Seit einigen Wochen haben wir mehr als 1 5C0 Bände. Es lohnt sich also, wenigstens einmal zu stöbern. Allerdings muß man sich aufraffen, dienstags und freitags hinzugehen. Eine kleine Auswahl unserer neuen Bücher bietet vielleicht einen Anreiz: V e r f a s s e r T i t e l S i g n a t u r K a i s e r S c h n e i d e r Wachsmann V. Braiun iLang W e n d t G a i s e r K a r d o r f f K u c k Rasmiussen Scharfenberg B o w m a n H e r r m a n n iFreidentihal Lynes R a u F a b e r Zenger U N O ' Buchheim Djilas Mehnert Mehnert Heusinger Mau-Krausnick Glubb Pascha Rosenstock- H uessy B a h r G o l l w i t z e r Schneider Pasternak D e r k ü n s t l i c h e M o n d So fliegst du heute Radioaktive Isotope S t a r t i n d e n W e l t r a u m Männer im Bleianzug Friedliche Verwendung der Kernenergie S c h l u ß b a l l Feste feiern wie sie fallen Männer entdecken die Welt Die große Schlittenreise Projekt Wadi Tharthar Vo n S c o t t z u F u c h s Das große Buch der Ent deckungen Die Party bei Herrn Toikaido Zuviel Honig I n d i r a Sand auf heiligen Spuren Kampf um die Pressefreiheit Was in Ungarn geschah Das dritte Reich D i e n e u e K l a s s e Moskau, Asien und wir Der Sowjetmensch Befehl Deutsche Geschichte . . . von 1933 — 1945 J e n s e i t s v o m J o r d a n Frankreich — Deutschland Kriegsbriefe gef. Studenten Du hast mich heimgesucht bei N a c h t P f e i l e r Dr. Schiwago im Widerstreit i m S t r o m 1 1 2 1 1 5 11 4 1 2 0 1 2 3 118 11 9 1 1 4 1 1 3 121 I I I U I I I O A 2 9 U 1,1 O I M W 3 1 G 3 5 K 2 9 I I I U I I I O O I I I I I I O U I I F 20 L 2 7 R 18 F 21 O I I I G e 3 5 B 51 D 1 3 M 3 6 M 3 7 H 41 M 3 5 G 3 4 G e 3 4 B 5 2 G 3 6 Sch 22 P 7 Die MittelstU'fen'bücher haben in ihrer Signatur diie Bezeichnung ider Klasse (U III U II), die Oberstufenbücher den Anfangsbuchstoben des Verfassernamens (A - Z), 3 9 �Revolution in der Mathematik? Bei mathematischen Experimenten im Schlaun-Gymnasium stellte ein Star mathematiker die Behauptunig auf: 9 Er lieferte sofort den überzeugenden Beweis; = 1 1 — 10 = 81 — 90 Durch Addition von 100 ergibt sich: 1 _ 10 -t- ^ = 81 - 90 -t- -°- 10 _ 9 10 2 - V - 2 1 0 1 0 „ 1 0 1 0 1 - 2 + 2 - ' " 2 " ^ 2 • 2 - 9 - 1 = 9 N.iB.: Wir bitten aber alle Voll- und Schmalspuirmathematiker, den Beweis erst zu prüfen, bevor er allgemein in die Lehrbücher aufgenomimein wird. Irgendwo muß ja wohl der Fehler stecken. Aber wo? Das herauszufinden, überlassen wir den mathematischen Begabungen unter unseren Lesern. Schriftleitung: Dr. C. Henke, Dr. Fr. Scholmeyer, Dieter Duwenig (Ol sb) Geschätfl. Leitung: Studienrat Alfred Heidtmann Druck: Gutenberg - Druckerei Th. Bröcker, Münster i.W., Bergstr. 71/72 Einzahlungen: Alfred Heidtmann, Konto 12713 bei der Sparkasse der Stadt Münster oder Postscheckamt Dortmund Nr. 607 35. Beitrag zur Altherrenschaft und freiwillige Zuwendungen werden auf das Postscheckamt Dortmund Nr. 823 76 unseres „Ehemaligen Paul Eichel erbeten. 4 0 �MjU SjckuUiiehe^ für das S c h I a u n - Gy m n a s i u m vorrätig BUCHHANDLUNG ^efMnancL Sd)öningly MDNSIER (WESTF.) SAIZSTRASSE «1 J O I 1 . H C 1 I V R . ' I P ' c u m S O n MÜNSTERiW. LUDGERISTR26 K E R L U N D K I E P E N Dos groBe Herrenwasche-Spezialgeschäff des Münsterlandes A M T^a^eel}au6 Hl^ennemann H A N D O R F D A S B E L I E B T E A U S F L U G S L O K A L A N D E R W E R S E Ol(mo)Um'iäMu^e)i, ^eSJUmüticke., CPJiachtpiJkm Vxfqee&aueA, und Ständet Sxefi^Uäie, AqaoAien und Su&etiM Jjnxielc^efiMe. ^iemedotk R o t h e n b u r g 3 1 Ältestes Fachgeschäft I n M ü n s t e r �Bediene Dich der i I i l T l I l l T i T E L E K T R O G E R Ä T E sind praktisch im Gebrauch und einfach zu handhaben! �